„Aneignung“: historisch-kritische Analyse eines pädagogisch-psychologischen Topos

Artikel von Peter Keiler in Forum Kritische Psychologie 57 (2013).

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Zusammenfassung

Ideengeschichtlich werden im pädagogisch-psychologischen Topos „Aneignung“, für den es in anderen europäischen Sprachen kein echtes Äquivalent gibt, drei unterschiedliche Problemstellungen zusammengeführt: 1. die Notwendigkeit einer Binnendifferenzierung des Begriffs der Eigentumsbildung (Erwerb von „innerem“ bzw. „geistigem“ Eigentum vs. Erwerb von Eigentum an Sachgütern), 2. die Notwendigkeit einer Binnendifferenzierung des Lernbegriffs („organisches“ Verschmelzen mit dem eigenen Wesen vs. „mechanische“ Reproduktion bzw. Dressur), 3. die Notwendigkeit, im sozialen Kontext vollzogene Lernprozesse von jenen zu unterscheiden, in denen das jeweilige Individuum auf sich selbst gestellt ist („Übernahme von anderen“ vs. Versuch und Irrtum und „Intuition“). Dabei zeigt der kritische Nachvollzug der Genese und Entwicklung des Topos, dass er im Verlauf seiner mehr als zweihundertjährigen Geschichte niemals über den Status einer vielschichtigen Metapher hinausgelangt ist, die anstatt zu einer wirklichen Problemlösung beizutragen eher der Mystifikation dient.

Summary: “Aneignung”: historical-critical analysis of a pedagogical-psychological topos

Within German pedagogical and psychological literature, “Aneignung” is a frequently used topos, which in its complex meaning has no real equivalent in other European languages. Historically as well as systematically it is rooted in three different spheres of problems: 1. the problem of an inner differentiation of the concept of acquisition of property (subsuming knowledge, ideas, etc. in the category of property), 2. the requirement of an inner differentiation of the concept of learning (distinguishing “organic” assimilation from “mechanical” reproduction), 3. the necessity to distinguish processes of learning in a social context (“adoption” of knowledge, ideas, habits, etc. from other persons) from learning processes, realized by an individual left on her or his own (trial and error, “intuition”). The critical reconstruction of the genesis and development of the topos reveals, that in the course of its history of more than two centuries it has never surpassed the status of a multi-layered metaphor, which is not apt to contribute to a real solution of the pertinent problems but rather serves the aims of mystification.

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