Artikel von Wiebke Ramm in Forum Kritische Psychologie 46 (2003).
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Zusammenfassung
Transsexualität wird als Phänomen gesellschaftlicher Konstruktion von Zweigeschlechtlichkeit dargestellt. Der institutionalisierte Geschlechtswechsel, der den gegenwärtigen Umgang mit Transsexualität regelt, wird einer Analyse unterzogen, und Mechanismen zur Regulierung normierter Geschlechtlichkeit werden aufgezeigt. Der institutionalisierte Geschlechtswechsel lässt sich im Anschluss an Foucault als heteronormativ durchsetzte Disziplinaranlage darstellen, in der dem Einzelnen eine selbstbestimmte Verfügung über den eigenen Körper weitgehend abgesprochen wird. Der Widerspruch, dass in einem System normativer – scheinbar ontologischer – Zweigeschlechtlichkeit Menschen unter der Zuweisung zu einem Geschlecht leiden, wird in die Individuen hineinverlagert, indem die ihnen zum Problem gewordene ideologisch codierte Körperlichkeit als Geschlechtsidentitätsstörung mystifiziert wird. Die implizierten Annahmen über natürliche, eindeutige Geschlechtlichkeit denkend zu durchdringen, um den Versuchen der institutionalisierten Entmündigung und Normalisierung bewusst handelnd begegnen zu können, ist ein Anliegen dieses Artikels.
Summary: The disciplinizing of the ´transsexual subject´: (re)production of normalized binary of sex/gender in institutionalized process of sex-reassignment
Transsexuality is described as a phenomenon of the societal construction of duality of sex/gender. The institutionalized sex-reassignment that regulates the current dealing with transsexuality is analysed and mechanisms to regulate normalized sexuality are pointed out. Following Foucault, the established change of sex can be conceived as a disciplining institution which widely deprives individuals of a self-determined disposal of their own bodies. The contradiction that a system of normative – seemingly natural – duality of sex/gender makes people suffer from their being assigned to a particular sex/gender is shifted to the individuals by mystifying the ideologically coded corporeality which they have found problematic as a Gender Identity Disorder. It is one concern of this article to reflect the presuppositions of a natural, unambiguous sexuality in order to help consciously resist all attempts of an institutionalized incapacitation and standardization of the individual.