Über die Sternstunden hinaus: Lehren mitten im Widerspruch

Artikel von Thomas Rihm in Forum Kritische Psychologie 50 (2006).

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Zusammenfassung

Die im pädagogischen Raum oft zitierten von Klaus Holzkamp als ‚Sternstunden’ bezeichneten bedeutsamen Lernerfahrungen haben seiner Meinung nach Seltensheitswert im Rahmen institutionellen Lernens und Lehrens. Strukturelle Gesichtspunkte stünden dem Lernprozess vom Standpunkt der Subjekte aus gesehen entgegen. In meinem Beitrag skizziere ich die ‚je eigene’ Einbezogenheit in das Widerspruchfeld Schule. Unter Bezug auf vorfindbare ‚Mentalitäten’ (Sabine Reh) und die darüber konstituierten Habitus (Pierre Bourdieu) wird das reproduktive Moment herausgearbeitet, das das Handeln der LehrerInnen selbst widersprüchlich werden lässt. Wenn das eigene Lehrhandeln aber durch die LernenInnen in die Krise geführt wird, entstehen Chancen für begreifendes Reflektieren. Das eigene Lehren wird zum Thema. In der Distanz kann das eigene Handeln als eines begriffen werden, dessen Ausprägung in der Übernahme vorherrschenden Denk- und Handlungsstrukturen als Folge fehlender Handlungsmöglichkeiten begründet ist. Abschließend wird ein Gegenhorizont aufgezeigt, der in seiner Typik begreifendes Reflektieren ermöglichen und darüber eine Neuausrichtung des ‚je eigenen’ Lehrhandelns ermöglichen soll: Eines Lehrerhandelns mitten im Widerspruch, das über die ‚Sternstunden’ hinaus, Lernprozesse ermöglicht, die sinnstiftend für das weitere Leben der LernerInnen sind.

Summary: Beyond the „historic moment“: teaching amid contradictions

In education, „historic moments“ of significant learning, to use Klaus Holzkamp’s oft-cited term, are, as he said, rare in institutional teaching and learning. From the standpoint of the subject, structural aspects hinder the learning process. Here, the author outlines ‘each person’s own’ involvement in the sphere of contradictions termed ‘school’. Referencing the existing ‘mentalities (Sabine Reh’s ‘Mentalitäten’) and the social overlay of habitus (Pierre Bourdieu), the author identifies the reproductive moment where the teacher’s own actions become contradictory. However, when learners produce a crisis in one’s own teaching, they equally create a chance for a reflection that grasps the situation anew. One’s own teaching becomes the research object. With this distance, one’s own actions can be seen as the result of adopting prevailing structures of thought and action and a consequence of the lack of other perceived ways of acting. In conclusion, the author presents an alternative horizon, one essentially enabling a reflection grasping the situation new and, moreover, designed to realign „my own“ teaching – to enable teaching amid contradictions that goes beyond individual „historic moments“, creating processes of learning meaningful for the totality of the learner’s life.

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