Annäherungen aus kritisch-psychologischer Perspektive
Diskussionsveranstaltung der GsFP mit Christian Küpper
Zeit: Freitag, 14. Juni 2013, 19 Uhr.
Ort: Silberlaube der FU Berlin, Habelschwerdter Allee 45, 14195 Berlin, Raum KL 24/222
In der gesellschaftlichen Rede über das Unbewusste verschaffen sich vielfältigste Phantasien Geltung. Zwischen Mythologisierung und Leugnung drängen schillernde Begriffe wie Geheimnis, Tabu, das Fremde, Sehnsucht und Angst an die Oberfläche und konstituieren einen überdeterminierten Bedeutungsraum. Dies lässt selbstverständlich auch emanzipatorisch intendierte Einlassungen nicht unberührt. Deren Motivation gründet im Wesentlichen in zwei Phänomenen: Ausgehend von der Kritik gesellschaftlicher Herrschaftsverhältnisse wird einerseits gefragt, wie Einzelne in diese Verhältnisse eingebunden sind, wie sie sich mit diesen arrangieren, diesen gar ihre scheinbar vorbehaltlose Zustimmung erteilen. Von Interesse ist hier insbesondere die auf Verinnerlichungsprozesse von Herrschaft rekurrierende Beantwortungsperspektive, die ein je nach theoretischer Provenienz ausbuchstabiertes Konzept des Unbewussten bemüht. Andererseits rückt ein wie auch immer bestimmtes Unbewusstes ins Zentrum der Aufmerksamkeit in Anbetracht der verschiedenen Ausdrucksformen psychischen Leidens der Einzelnen.
Die Kritische Psychologie entwickelte ihre Konzeption des Unbewussten in expliziter Auseinandersetzung mit der Freudschen Psychoanalyse. Trotz der nachdrücklichen Betonung der Relevanz des Unbewussten für das Verständnis der Besonderheiten subjektiver Erfahrungen und Handlungen in entlang verschiedener Achsen herrschaftlich strukturierten kapitalistischen Gesellschaften bleibt jedoch der Eindruck haften, dass die bisherigen Überlegungen lediglich vorläufiger Natur sind. Oberflächlich betrachtet zeigt sich dies bereits in der Abnahme des dem Unbewussten in grundlegenden Werken eingeräumten Platzes von Ute Osterkamps „Motivationsband II“ über Klaus Holzkamps „Grundlegung“ bis hin zu Morus Markards „Einführung“.
In diesem Vortrag möchte ich versuchen, die wichtigsten Gedanken der kritisch psychologischen Fassung des Unbewussten zu rekonstruieren, um davon ausgehend verschiedene Problemfelder zu markieren und zu diskutieren. Dabei soll es unter anderem um das Konzept der ‚Selbstfeindschaft‘, die Stellung des umstrittenen ‚materialen Apriori‘, wonach die Einzelnen sich nicht bewusst schaden können, das kritisch-psychologische Zentralkonzept der ‚Handlungsfähigkeit‘, dessen Ausdifferenzierung in ‚restriktive‘ und ‚verallgemeinerte‘ Erscheinungsformen sowie um die Reichweite des ‚Begründungsdiskurses‘ gehen. Abschließend sollen Anknüpfungspunkte für weiterreichende Überlegungen formuliert werden.
Christian Küpper ist Dipl.-Psychologe und arbeitet gegenwärtig im Weglaufhaus „Villa Stöckle“, einer antipsychiatrischen Kriseneinrichtung in Berlin. Er ist Mitglied der Arbeitsgruppe „unknown pressures – Herrschaft, Autorität und das Unbewusste“ am Klaus Holzkamp-Institut für Subjektwissenschaft der Freien Universität Berlin.
Die Ankündigung als PDF: 2013-06-14_gsfp_kuepper_unbewusstes.