Gedanken beim Lesen von Praxisberichten

Menschen in Schubladen sperren zwecks Bearbeitung?

Artikel von Gisela Ulmann in Forum Kritische Psychologie 24 (1989).

Download: FKP_24_Gisela_Ulmann

Zusammenfassung

In diesem Artikel wird ein Aspekt des üblichen Redens und Schreibens über psychologische Praxis dargestellt: das Klassifizieren von Menschen. Es wird aufgezeigt, daß die Begrifflichkeit zunächst im Rahmen der differentiellen Psychologie zu Gutachtenzwecken entwickelt wurde, gegenwärtig insbesondere im Rahmen der fremdfinanzierten Interventionstätigkeit endgültig zum »Psycho-Slang« verkommt. Die Funktionalität sowie die Dysfunktionalität dieses Klassifizierens für praktizierende Psychologen wird untersucht und dabei herausgearbeitet, daß diese Aussagen über Menschen, die nahelegen, »an ihnen« zu »arbeiten«, nicht im Interesse der Menschen sein können. Als Alternative wird diskutiert und exemplarisch veranschaulicht, inwiefern solche Kategorien, die Probleme nicht verdoppeln und festschreiben, sondern Menschen ermöglichen, ihre problematischen Situationen aufzuschließen und tendenziell lösbar zu machen, eher im Interesse der Betroffenen — und der Psychologen — sind. Wider den Ruf »(Es gibt) Keine Rezepte!« wird gezeigt, daß die Vielfalt, Differenziertheit und Präzision der Alltagssprache geeigneter ist, menschliche Probleme genau und analysierbar zu beschreiben, als der klassifizierende Psycho-Slang.

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