Artikel von Klaus Holzkamp in Forum Kritische Psychologie 35 (1995).
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Zusammenfassung
Die gängigen psychologischen Konzepte zur Erklärung des Erwachsenen aus seiner Kindheit (z.B. Lerntheorien, Phasenlehren, Sozialisationstheorie, Psychoanalyse) werden als eindimensional-»kausalistisch« sowie in ihren normativen Gehalt (Entwicklung als Sollwert, Orientierung am »Normallebenslauf«) und auf die darin liegende »Ursprungslogik« expliziert. Zur Kritik dieser Position werden zunächst historische und ethnologische Ansätze dargestellt, aus denen sich die historisch gewordene »Fremdheit« des Kindes sowie die »westliche« Kulturspezifik der Konstruktion von Kindheit als Vorstufe des Erwachsenseins aufweisen läßt: Eine Vereinnahmung der kindlichen Erfahrungswelt, die zugespitzt als »Kolonisierung der Kindheit« gekennzeichnet wird. Dem wird eine »doppelperspektivische« Konzeption der eigenen Kindheit gegenübergestellt, in welcher das widersprüchliche Verhältnis zwischen »wirklicher« Kindheit und Kindheit als »symbolischer« Rechtfertigungsfigur der Erwachsenenexistenz unreduziert erhalten bleibt. Die theoretischen Konsequenzen aus dieser Sicht- und Denkweise werden diskutiert.