Veröffentlicht in: Forum Wissenschaft (2013), Ausgabe 4/2013, Thema: Kritische Psychologie – work in progress. Verfügbar über: Morus Markard in Forum Wissenschaft 2013
Morus Markard
Zum achten Mal fand im September 2012 die Ferienuni Kritische Psychologie statt. Im Verständnis der Organisator_innen soll die Ferienuni ein Forum sein, sich über den aktuellen Stand und die Weiterentwicklung der Kritischen Psychologie und kritischer Wissenschaft zu verständigen und auszutauschen. Doch was bedeutet kritische Wissenschaft eigentlich? In seinem – hier gekürzt wiedergegebenen – Eröffnungsbeitrag erläuterte Morus Markard am 11.09. sein Verständnis von Kritischer Psychologie.
I.
Ansetzend an der Doppeldeutigkeit der Frage, die zu beantworten ich gebeten worden bin, will ich sie so auffassen: Was war oder ist die spezifische Kritikintention der Kritischen Psychologie, wie ist sie rezipiert worden, und was ist an Beidem ggf. selber kritisch bzw. zu kritisieren?
Vorab: (Gegenseitige) Kritik ist zentrales Bewegungsmoment von Wissenschaft. Deswegen kann es in formalem Sinne unkritische Wissenschaft gar nicht geben. Wie W.F. Haug hervorgehoben hat, ist „Kritik“ aber auch im außerwissenschaftlichen Bereich allgegenwärtig, ein Allerweltsbegriff – damit aber auch ein, wie er formuliert, „stachelloser Gemeinplatz“. Er verweist auf die Einschätzung, der Begriff der Kritik sei „inhaltlich bagatellisiert und politisch depotenziert worden. Und dass man sich allgemein kritisch nennt, hindert nicht, dass radikale Kritik wie eh und je ebenso allgemein suspekt erscheint.“. In diesem Sinne, meint Haug, könne der „anstößige Name Marx […] dem Begriff der Kritik seinen Stachel und seine Verheißung zurück[geben]“.
Eben dies ist Intention und Spezifikum der Kritischen Psychologie, bzw. das ist der Weg, den Klaus Holzkamp in der Rezeption der Wissenschafts- und Gesellschaftskritik der Studentenbewegung eingeschlagen hat. Und das macht auch den Unterschied zu allerlei anderen kritischen Psychologien aus, die von gemeindepsychologischen über psychoanalytische, kulturpsychologische, feministische bis zu ›poststrukturalistischen‹ Richtungen reichen. Der kleinste gemeinsame Nenner aller kritischen Psychologien besteht darin, sich nicht dem experimentell-statistisch orientierten Mainstream der Psychologie zuzurechnen oder ihm zugeschlagen zu werden. Lesen extern fortsetzen →