Mit der Phylogenese gegen Biologismus argumentieren. Eine feministische Weiterentwicklung Kritischer Psychologie

Artikel von Fiona Kalkstein in Forum Kritische Psychologie Spezial (2016)

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Zusammenfassung

Der Aufsatz diskutiert die Frage, ob es aus feministischer Perspektive Bezugspunkte zur Kritischen Psychologie gibt. Da die Kritische Psychologie hauptsächlich das Verhältnis von Kapitalismus und Psyche untersucht, ist eine Analyse der Geschlechterverhältnisse nach wie vor notwendig. Der Beitrag berücksichtigt neuere Entwicklungen feministischer Theorien und sieht in den bestehenden Geschlechterverhältnissen eine heterosexuelle Matrix (Butler, 1991). Es wird argumentiert, dass die Trennung der biologischen Funktionskreise Lebenssicherung und Fortpflanzung in Holzkamps „Grundlegung der Psychologie“ nicht haltbar ist. Hinterfragt wird insbesondere die Annahme, Lernen sei im Bereich der Sexualität biologisch bestimmt, während nur die individuelle Existenzsicherung auf spezifisch menschliche Weise funktioniere. Der Aufsatz argumentiert, dass man nicht nur für die individuelle Existenzsicherung einen qualitativen Sprung von der phylogenetischen zur gesellschaftlichen Entwicklung annehmen muss, sondern auch für die sexuelle Reproduktion.

Summary: Arguing with phylogeny against biologism. A further feminist development of Critical Psychology

This paper discusses the question whether there can be points of reference to Critical Psychology from a feminist perspective. Since Critical Psychology mainly examines the relation of capitalism and psyche, the analysis of gender relations is still necessary. This paper considers current developments in feminist theory and sees present gender relations as a heterosexual matrix (Butler, 1991). It is argued, that the separation of the functional circuits „individual preservation of existence“ and „sexual reproduction“ in Holzkamp‘s „Grundlegung der Psychologie“ is not tenable. Especially the assumption that the potential of learning in the field of sexuality is biologically determined while learning in the field of preservation of individual existence works in a specifically human way is questioned. The paper argues that one needs to assume a qualitative turn from phylogenetic to societal human development not only for the „preservation of individual existence“ but also for „sexual reproduction“.

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Links zu Lacan? Einige kritisch-psychologische Überlegungen

Artikel von Christina Kaindl in Forum Kritische Psychologie Spezial (2016)

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Zusammenfassung

In vielen – auch linken – Konzeptionen, die sich um Subjekte und ihr Verhältnis zu gesellschaftlichen Anforderungen, Bedingungen und Diskursen befassen, spielt der Ansatz von Jacques Lacan eine Rolle. Der Beitrag fragt nach dem Verhältnis von Lacans Psychoanalyse zur Kritischen Psychologie: Ist es möglich, den Ansatz zu re-interpretieren, wie etwa die freudsche Psychoanalyse? Können die neoliberalen Subjektverhältnisse mit Lacan kritisch analysiert werden?

Summary: Left links to Lacan? Critical Psychological perspectives on Lacan‘s Psychoanalysis

When conceptualizing the relation of subjectivity and social demands and discourses many turn to Lacans Psychoanalysis. This text focuses on the question if Lacan can be reinterpretated from a Marxist standpoint as Critical Psychology has done with Freud‘s Psychoanalysis. Is it possible to maintain a critical perspective on the neo-liberal marketization of social relations?

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Ein sprachliches Unbewusstes. Über Lacans Konzept des Unbewussten im Verhältnis zur Sprache

Artikel von Christoph Bialluch in Forum Kritische Psychologie Spezial (2016)

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Zusammenfassung

Der Text führt in Jacques Lacans Idee ein, dass das Unbewusste wie eine Sprache strukturiert sei, und geht dazu seine psychoanalytischen Reformulierungen linguistischer Konzepte ab. Darüber hinaus greift er die Lacanschen Begriffe des Symbolischen und des Diskurses auf, mit denen sowohl die Konstituierung des Subjekts als auch die gesellschaftliche Verfasstheit modelliert werden sollen. Zuletzt werden hypothetisch Differenzen in den Theorieanlagen Klaus Holzkamps und Jacques Lacans skizziert.

Summary: A linguistic unconscious. Lacan‘s concept of the unconscious in relation to language

The Text introduces in Jacques Lacan‘s idea that the unconscious is structured like a language, and examines his psychoanalytic reformulations of linguistic concepts. In addition, the Lacanian terms of the symbolic and discourse are taken up, with which both the constitution of the subject as well as the social constitution should be modeled. In the end differences between Klaus Holzkamp und Jacques Lacan are outlined in a hypothetical way.

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Emanzipatorisch denken, aber wie? Zum Verhältnis von historischem Materialismus und Poststrukturalismus

Artikel von Martin Fries in Forum Kritische Psychologie Spezial (2016)

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Zusammenfassung

Historischer Materialismus und Poststrukturalismus sind zwei grundlegende philosophische Strömungen, die beide beanspruchen, das richtige Handwerkszeug für emanzipatorisches Denken bereit zu stellen. Beide Strömungen werden überblicksartig
dargestellt und ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet sowie deren wechselseitige Kritiken diskutiert. Dabei wird die These vertreten, dass historischer Materialismus die überlegene Theorie ist, die jedoch vom Poststrukturalismus wichtige Impulse aufnehmen und materialistisch reformulieren kann. Dies wird an Fragen zu Identitätspolitik, sprachlicher Gewalt und Subjektpositionen diskutiert.

Summary: Thinking in an emancipatory way, but how? On the relation between historical materialism and post-structuralism

Historical materialism and post-structuralism are basic philosophical tendencies which both claim to provide the right tools of the trade for emancipator thinking. This paper outlines these tendencies in respect to their commonalities, differences and interrelated criticisms. It advocates the thesis that historical materialism is the superior theory which however can incorporate and reformulate important impulses from post-structuralism in a materialistic way. This is discussed by reference to questions on identity politics, linguistic violence, and subject positions.

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Niederschläge. Die Konzeption unbewussten Leides in Alfred Lorenzers kritischer Theorie des Subjekts

Artikel von Tom David Uhlig in Forum Kritische Psychologie Spezial (2016)

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Zusammenfassung

Alfred Lorenzers Arbeiten bewegen sich in einem Spannungsfeld von psychoanalytischer
Sozialpsychologie, Kritischer Theorie und psychoanalytischer Praxis. In der Absicht, den Triebbegriff Freuds seiner idealistischen wie biologistischen Verkürzungen zu entkleiden, wie sie etwa von Ich-psychologischen ‚Revisionist_innen‘ vorgenommen wurde, versucht sich Lorenzer an dessen materialistischer Fundierung. Seine metatheoretischen Überlegungen umkreisen eine Sozialisationstheorie, die eingedenk der Natur im Subjekt die gesellschaftliche Verfasstheit des Unbewussten auf Grundlage konkreter Interaktionsprozesse bestimmt. Ziel dieses Aufsatzes ist es, Grundzüge Lorenzers Sozialisationstheorie im Hinblick auf das Entstehen psychischen Leides sowie die psychoanalytische Behandlungspraxis zu diskutieren.

Summary: The conception of unconscious suffering in Alfred Lorenzer‘s critical theory of the subject

The work of Alfred Lorenzer stresses a metatheoretical reformulated notion of drive by renouncing its idealistic or biologistic reduction as implied by ego-psychological revisionists. Between psychosocial studies, critical theory and psychoanalytic practice Lorenzer developes a socialization theory of interaction that considers the dialectial tension of nature and society in the subject. The aim of this paper is to discuss the basics of Lorenzer‘s socialization theory regarding its significance to psychoanalytic practice and the origin of mental suffering.

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Unter der Fuchtel des Unbewussten? Kritische Psychologie, psychisches Leiden und das Unbewusste

Artikel von Christian Küpper in Forum Kritische Psychologie Spezial (2016)

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Zusammenfassung

Die Kritische Psychologie entwickelte ihr Verständnis des Unbewussten in expliziter Auseinandersetzung mit der Freudschen Psychoanalyse. Der Aufsatz rekonstruiert die Stellung des dynamisch Unbewussten innerhalb der kritisch-psychologischen Theorie menschlicher Subjektivität und analysiert die Verbindung zwischen dem dynamisch Unbewussten und der Konzeption der Selbstfeindschaft. Davon ausgehend diskutiert der Beitrag die enge Verknüpfung dieser Konzeption mit psychischen Problemlagen. Es wird argumentiert, dass diese Verknüpfung in ihrem Geltungsbereich einzuschränken sei. Abschließend werden Thesen für einen erweiterten Zugang zu psychischen Problemlagen und deren Beziehung zu unbewussten Erfahrungsanteilen skizziert. Dem Begriff der Psychisierung kommt dabei eine zentrale Rolle zu.

Summary: Under the rod of the unconscious? Critical Psychology, psychic suffering and the unconscious

Critical Psychology derived its idea of the unconscious from a direct analysis of the Freudian Psychoanalysis. This essay reconstructs the position of the dynamic unconscious within the critical-psychological theory of subjectivity and analyses the link between the dynamic unconscious and the conception of self-hostility. Therefrom, this essay discusses the tight conjunction of this conception with mental problems. The main thesis however is, that this conjunction has to be limited by its area of application. Finally, proposals for a broader approach to mental problems and its relations to unconscious parts of the experience will be outlined. The notion of psychization will therefore play a central role.

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Die Tochter des Hausherrn und das Proletenkind. Das kritisch-psychologische Konfliktmodell, angewandt auf ein Fallbeispiel von Sigmund Freud

Artikel von Michael Zander in Forum Kritische Psychologie Spezial (2016)

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Zusammenfassung

Der Aufsatz vergleicht das psychoanalytische und das kritisch-psychologische Konfliktmodell, um letzteres zu konkretisieren und zu operationalisieren. Das kritisch-psychologische Modell wird anhand eines Fallbeispiels von Freud diskutiert, dass von den unterschiedlichen Erfahrungen eines „Proletenkindes“ und der Tochter eines Hausbesitzers handelt. Aus einer kritisch-psychologischen Perspektive ist es entscheidend, die der Geschichte zugrundeliegenden Normen zu untersuchen, die Klassen- und Geschlechterverhältnisse ausdrücken und die in kapitalistischen Gesellschaften dynamisch sind. Die allgemeine Frage wäre, wie Menschen angesichts solcher Normen fühlen, denken und handeln. Es wird argumentiert, dass die Erfahrungen im Umgang mit diesen Normen vielfältig sein mögen, aber nicht beliebig. Daher sollte es möglich sein, kritisch-psychologische Kasuistiken und spezifische Theorien über „Störungen“ zu entwickeln.

Summary: The daughter of the landlord and the proletarian’s child. The critical-psychological model of conflict, applied to a case example of Sigmund Freud

The article compares the psychoanalytical and the critical-psychological model of conflicts, in order to substantiate and operationalize the latter one. The criticalpsychological model is discussed on basis of Freud’s case example which is about the different experiences of a landlord’s daughter and a „proletarian’s child“. From a critical-psychological perspective it is crucial to examine the underlying norms of the story which are expressions to class and gender based power relations and which are dynamic in capitalist societies. The general question would be how people feel, think and act when confronted with these norms. It is argued that experiences in dealing with norms might be manifold but not arbitrary. So it should be possible to develop critical-psychological casuistics and specific theories of „disorders“.

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Praxisforschung über Psychotherapie: Perspektivenwechsel und Begriffsentwicklung

Artikel von Ole Dreier in Forum Kritische Psychologie Spezial (2016)

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Zusammenfassung

Dieses kritisch-psychologische Praxisforschungsprojekt versteht Klienten als Subjekte
aus der Perspektive eines komplexen Alltagslebens, zu dem für eine gewisse Zeitspanne Gespräche im Rahmen einer Psychotherapie gehören. Dies eröffnet einen neuen, dezentrierten Zugang zur Funktion von Therapie aus der Perspektive des Alltagslebens der Klienten. Dargestellt wird das enge Zusammenspiel zwischen der Entwicklung von Begriffen und empirischen Einsichten, das für die Analyse des Interviewmaterials nötig war. Die wichtigsten Ergebnisse der sich daraus ergebenden Veränderungs- und Lernprozesse werden vorgestellt. Derartige Forschungsprojekte verweisen auf eine neue Sicht auf Intervention und eröffnen eine neue Perspektive auf die Praxis von Therapeuten, die Macht von Experten und das institutionelle Arrangement ihrer Praxis im Verhältnis zum Alltagsleben der Betroffenen.

Summary: Practice research about psychotherapy: Change of perspective and development of concepts

This practice research project rests on a critical psychological foundation. It studies clients as subjects from the perspective of their complex everyday life to which their therapy talks are added for a period of time. That opens a new, decentered approach to the mode of working of therapy from the perspective of the everyday life of the clients. The close interplay between development of concepts and of empirical insights, which is needed to analyze the interview material, is presented. The most important outcomes of this new view on therapy related processes of change and learning are then presented. Research projects such as this refer to a new view on intervention and open a new perspective on the practice of therapists, the power of experts and the institutional arrangement of their practices in relation to the everyday lives of people.

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