Was bedeutet „Den Gegenstrom schwimmen“ für die Kritische Psychologie?

Eröffnungsvortrag zur Ferienuni Kritische Psychologie, 16. September 2014

Artikel von Morus Markard in Forum Kritische Psychologie Spezial (2016)

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Zusammenfassung

Der Titel der Ferienuni „Den Gegenstrom schwimmen“ verweist auf Holzkamps Einlassung, Wissenschaft sei ein „prinzipielles Gegen-den-Strom-Schwimmen“, damit auf einen emphatischen und „entfalteten“ Wissenschaftsbegriff, der nicht nur Kritische Psychologie meint, sondern Wissenschaft generell, und – auch als Einladung an andere Ansätze – auf die Verminderung von Fremdbestimmung zielt. Kritische Psychologie ist dabei kein Konkurrenzunternehmen zur Psychologie, sondern deren integraler Teil mit dem Anspruch, in der Bearbeitung der Kernprobleme des Fachs Befreiungsperspektiven aufzuzeigen, orientiert am Paradigma marxistischen Denkens. Was dies für „Subjektivität“, „Handlungsfähigkeit“ und das Verhältnis von wissenschaftlichem Ansatz und sozialer Bewegung bedeutet, wird diskutiert, u.a. mit dem Ergebnis, dass „verallgemeinerte Handlungsfähigkeit“ kein (politisch usurpierbarer) empirischer Sachverhalt ist, sondern das analytische Regulativ für die Unabschließbarkeit des Projekts menschlicher Emanzipation.

Summary:  What does „to swim the counterstream“ mean for Critical Psychology? (Opening speech at the Ferienuniversität Kritische Psychologie, 16th of September, 2014)

The titel of the Ferienuniversität „swimming the counterstream“ links to the note of Holzkamp, stating that science fundamentally means „to swim against the mainstream“, implying an empathetic and ‘spreaded’ concept of sciene. This does not only refer to Critical Psychology, but also to science in general and – meant as an invitation for other scientific approaches – aims to decrease heteronomy. Critical Psychology is not meant to be a competitive approach to scientific psychology, but as an integral part of it with the claim to reveal emancipatory perspectives whilst working on the subjects’ core problems, led by marxist thinking. What does this mean for ‘subjectivity’, ‘action potence’ and for the relation between scientific approaches and social movements? These questions will be discussed and amongst others with the result, that the general action potence is not an empirical issue which can be politically usurped, but the analytic regulatory for the interminability of the human emancipatory project.

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Forum Kritische Psychologie Spezial

Den Gegenstrom schwimmen

Herausgegeben von Maria Hummel, Leonie Knebel, Christian Küpper und Michael Zander

fkp spezial titelbildDas vorliegende Sonderheft des Forum Kritische Psychologie (ISBN 978-3-86754-601-0, 13 €) enthält ausgewählte Beiträge der neunten Ferienuniversität Kritische Psychologie, die 2014 unter dem Titel „Den Gegenstrom schwimmen“ stattfand. Die Mehrzahl der Beiträge setzt sich mit bedeutenden Ansätzen und ihrem Verhältnis zur Kritischen Psychologie auseinander, mit der Psychoanalyse und dem Poststrukturalismus. Themen sind u.a. die Diskussion zwischen psychoanalytischen Ansätzen und der Kritischen Psychologie über das Unbewusste, das Verhältnis von Feminismus, historischem Materialismus und Poststrukturalismus, der Einfluss der Romantik auf die Geschichte der Psychologie, feministische Perspektiven auf die Austeritätspolitik und Praxisforschung über Psychotherapie.

 

Inhalt

Editorial

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Morus Markard
Was bedeutet „Den Gegenstrom schwimmen“ für die Kritische Psychologie?

Ole Dreier
Praxisforschung über Psychotherapie: Perspektivenwechsel und Begriffsentwicklung

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Michael Zander
Die Tochter des Hausherrn und das Proletenkind. Das kritisch-psychologische Konfliktmodell, angewandt auf ein Fallbeispiel von Sigmund Freud

Christian Küpper
Unter der Fuchtel des Unbewussten? Kritische Psychologie, psychisches Leiden und das Unbewusste

Tom David Uhlig
Die Lebensverhältnisse sind Lebensgeschichte. Eine Ent-gegnung auf Christian Küpper

Tom David Uhlig
Niederschläge. Die Konzeption unbewussten Leides in Alfred Lorenzers kritischer Theorie des Subjekts

Christian Küpper
Natürliche Verbündete? Kommentar zu Tom David Uhlig

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Martin Fries
Emanzipatorisch denken, aber wie? Zum Verhältnis von historischem Materialismus und Poststrukturalismus

Christoph Bialluch
Ein sprachliches Unbewusstes. Über Lacans Konzept des Unbewussten im Verhältnis zur Sprache

Christina Kaindl
Links zu Lacan? Einige kritisch-psychologische Überlegungen

Fiona Kalkstein
Mit der Phylogenese gegen Biologismus argumentieren. Eine feministische Weiterentwicklung Kritischer Psychologie

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Sascha Frank
Die Romantik in der Geschichte der Psychologie

Annette Maguire
Feministische Subjektivität und neoliberale Herrschaft

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Einwürfe

Janis Walter & Raphael Cuadros
„I am starting with the man in the mirror.” Individualisierung gesellschaftlicher
Transformation als politische Sackgasse

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Rezension

Leonie Knebel
Sag mir, wo du störst. Ariane Brenssell und Klaus Weber haben einen lesenswerten Band über „Störungen“ herausgegeben

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Zusammenfassungen der Beiträge/ Summaries

Über die Autorinnen und Autoren

Impressum

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Zweiter kritisch-psychologischer Salon 2016

Emanzipatorisch denken – aber wie?

Plakat_Werkstatt_KP_A2_2016_Referenten: Martin Fries, Christian Küpper, Michael Zander

Zeit: Freitag, 15. April 2016, 19 bis 21 Uhr
Ort: Laika, Emser Straße 131, S+U Neukölln

(Der Salon kann ab 18:30 mit einem Getränk und Zeit für ein persönliches Gespräch beginnen, um 19 Uhr s.t. geht’s mit dem Vortrag los.)

Das nun vorliegende Sonderheft des Forum Kritische Psychologie enthält ausgewählte Beiträge der neunten Ferienuniversität Kritische Psychologie, die 2014 unter dem Titel »Den Gegenstrom schwimmen« stattfand. Ein großer Teil der Beiträge widmet sich themenbezogen dem Verhältnis der Kritischen Psychologie zu in linken Kreisen breit rezipierten psychoanalytischen und poststrukturalistischen Ansätzen. Michael Zander gibt zunächst einen Überblick über das Heft und seine inhaltliche Ausrichtung. Im Anschluss zeichnet Christian Küpper die Diskussionen um das Unbewusste nach, in denen kritisch-psychologische Gedanken mit den psychoanalytischen Konzeptionen Jacques Lacans und Alfred Lorenzers konfrontiert wurden. Abschließend wird Martin Fries seine Überlegungen zum Verhältnis von historischem Materialismus und Poststrukturalismus anhand von Fragen zu Identitätspolitik, sprachlicher Gewalt und Subjektpositionen vorstellen.

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Adolf Hitler nach-gedacht. Person, Psychologie, Faschismus

Klaus Weber (2016). Adolf Hitler nach-gedacht. Person, Psychologie, Faschismus. Hamburg. Argument, texte kritische Psychologie, Bd 5.

Hitler-Weber

Die »großen Hitlerbiographien« (Bullock, Fest, Kershaw, ­Ullrich) versagen bei der Frage nach der Konstitution des Subjekts Hitler. Kein Wunder, denn die bürger­liche Psychologie hat für biographisches Arbeiten und Forschen kein sinnvolles begriffliches Repertoire anzubieten. Wie ist er geworden, was er war? – Die Frage­stellung zielt darauf, Hitler nicht von Auschwitz her zu denken, sondern als Person, die ohne die gesellschaftlichen Verhältnisse »seiner Zeit« nicht gedacht werden kann. Klaus Weber prüft subjektwissenschaftliche Kategorien der Kritischen Psychologie daraufhin, ob sie Hitlers Leben und seine Person auf den Begriff bringen können.Leitidee ist dabei Wolfgang Fritz Haugs Motto: »Hitler verändert das Feld, in das er eingreift; das veränderte Feld verändert ihn«

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Einführung in die Kritische Psychologie (6. Auflage)

Markard, Morus (2009). Einführung in die Kritische Psychologie. Hamburg: Argument.

Auflage 6, verfügbar seit Januar 2016

markard_2009_einfuehrung-kripsyDie von Klaus Holzkamp begründete Kritische Psychologie begann mit einer Kritik der Funktion der Psychologie als Herrschaftswissenschaft und einer Methodik, die „Verhalten“ nur als Arrangement unter fremdgesetzten Bedingungen erfasst. Die Einführung zeichnet nach, wie diese Kritik zur marxistischen Subjektwissenschaft entwickelt wurde. Als solche will sie Möglichkeiten auf den Begriff bringen, die in der traditionellen Psychologie nach wie vor theoretisch verkannt und in der kapitalistischen Gesellschaft praktisch behindert werden.
Wie mit den Kategorien der Kritischen Psychologie und mit ihren theoretischen, methodischen und praxisbezogenen Konzepten diese emanzipatorische Perspektive zu gewinnen ist, wird ebenso dargestellt wie konkrete Probleme, die sich dabei ergeben. Überlegungen, welche Aufgaben sich für eine Weiterentwicklung der Kritischen Psychologie stellen, runden den Band ab. (Klappentext)

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Psychology and the Conduct of Everyday Life

Schraube, E. & Højholt, C. (Eds.) (2016). Psychology and the Conduct of Everyday Life. London: Routledge.

Schraube_Højholt_2016_everyday lifePsychology and the Conduct of Everyday Life moves psychological theory and research practice out of the laboratory and into the everyday world. Drawing on recent developments across the social and human sciences, it examines how people live as active subjects within and across the contexts of their everyday lives, using this as an analytical basis for understanding the dilemmas and contradictions people face in contemporary society.

Early chapters gather the latest empirical research to explore the significance of context as a cross-disciplinary critical tool; they include a study of homeless Māori men reaffirming their cultural identity via gardening, and a look at how the dilemmas faced by children in difficult situations can provide insights into social conflict at school. Later chapters examine the interplay between everyday life around the world and contemporary global phenomena such as the rise of the debt economy, the hegemony of the labor market, and the increased reliance on digital technology in educational settings. The book concludes with a consideration of how social psychology can both deepen our understanding of how we conduct our lives, and offers possibilities for collective work on the resolution of social conflict.

Inhaltsverzeichnis: Contents Schraube Højholt Everyday Life

ISBN: 978-1-13-881512-4
www.routledge.com/products/9781138815124

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Erster kritisch-psychologischer Salon 2016

Was von Karl Marx über (kindliche) Kompetenz zu lernen ist

Plakat_Werkstatt_KP_A2_2016_Referent: Prof. Dr. Morus Markard

Zeit: Freitag, 11. März 2016, 19 bis 21 Uhr
Ort: Laika, Emser Straße 131, S+U Neukölln

(Der Salon kann ab 18:30 mit einem Getränk und Zeit für ein persönliches Gespräch beginnen, um 19 Uhr s.t. geht’s mit dem Vortrag los.)

Gegen die alltägliche Erziehungsgewissheit und -praxis macht die Kindheitsforschung kindliche Kompetenz geltend. Dieser Ansatz wird in kritisch-psychologischer, damit marxistisch-subjektwissenschaftlicher Perspektive auf die Widersprüche der kapitalistischen Gesellschaft und die „Pathologie des Normalen“ („so fucking crazy you can’t follow their rules“, John Lennon) bezogen. Unter Bezug auf den Begriff der Handlungsfähigkeit, der die Aufmerksamkeit auf das machtvermittelte Verhältnis von Handlungsmöglichkeiten und -behinderungen richtet, soll herausgearbeitet werden, wie Entwicklungs- und Handlungswidersprüche vom Standpunkt des Kindes zu verstehen sind, und wie, gegen das pädagogische „Grenzen setzen“, solidarisches Handeln zwischen Menschen unterschiedlicher Generationen in gemeinsamen Lern- und Veränderungsprozessen entwickelt werden kann.

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Kritisch-psychologischer Salon 2016

Plakat_Werkstatt_KP_A2_2016_Die Gesprächsreihe will einen Austausch innerhalb der Kritischen Psychologie und darüber hinaus anregen: Überlegungen zu psychologisch und gesellschaftlich relevanten Gegenwartsfragen sollen so präsentiert werden, dass sie – das akademische Korsett der Psychologie sprengend – die gemeinsame Reflexion und antikapitalistisches Handeln voranbringen. Der Salon kann ab 18:30 mit einem Getränk und Zeit für ein persönliches Gespräch beginnen, um 19 Uhr s.t. geht´s mit dem Vortrag los.

Ort: Laika, Emser Straße 131, S+U Neukölln
Veranstaltungen: Werkstattgespräche 2016

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Alltagsverstand, politische Bildung und Utopie in der Sozialen Arbeit

Buchvorstellung mit Uwe Hirschfeld

hirschfeld notizen alltagsverstand
Zeit: Mittwoch, den 10.02.2016,  18:00 Uhr
Ort: Audimax der Alice Salomon Hochschule Berlin
Moderation: Janek Niggemann

Eine Veranstaltung im Rahmen des Seminars „Can the subaltern learn?“ im Masterstudiengang Praxisforschung der Alice Salomon Hochschule in Kooperation mit der Gesellschaft für subjektwissenschaftliche Forschung und Praxis (GsFP).

Uwe Hirschfeld rekonstruiert, wie der italienische Kommunist Antonio Gramsci in den ‚Gefängnisheften‘ einen kritischen Begriff von „Alltagsverstand“ entworfen hat. Gefragt wird, wie relevant er für Soziale Arbeit, politische Bildung und pädagogische Praxis sein kann. Dazu wird für die politische Bildung ein mäeutischer Ansatz entworfen, der den Schwerpunkt auf die Selbsttätigkeit von Menschen legt und daran anschließt. Akteur_innen der politischen Bildung sollen so die Dialektik der Organisation von selbstbestimmtem Lernen reflektieren und praktisch ausarbeiten können. Der Auseinandersetzung mit Utopie kommt dabei ein besonderer Stellenwert zu, denn in ihr werden die gesellschaftlichen Alternativen entdeckt, erfunden und verhandelt, die für kollektives Engagement wesentlich sind.

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Handbuch Therapeutisierung und Soziale Arbeit

Roland Anhorn & Marcus Balzereit (Hg.), 2016 erschienen im VS-Verlag (Frankfurt/M.)

therapeutisierung

 

Der Band behandelt nicht (allein) in dezidiert kritisch-psychologischer Perspektive der Holzkamp-Tradition, wohl aber in Verfolgung von „Perspektiven kritischer Sozialer Arbeit“ (und – wie hinzufügen wäre – kritischer psychologischer Theorie und Praxis) das weite Feld der „Therapeutisierung“ oder Psychologisierung.

Inhaltverzeichnis-Therapeutisierung

 

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