‚Psychologie reicht ans Grauen nicht heran’ – Adorno zu Individuum und Gesellschaft (Werkstattpapier)

Artikel von Christian Küpper in Forum Kritische Psychologie 53 (2009).

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Zusammenfassung

In diesem Beitrag wird versucht, zu rekonstruieren, wie Adorno die Möglichkeiten der Emanzipation der Menschheit begreift. Dafür ist es notwendig, Adornos Analyse des Mensch-Welt-Zusammenhanges im Kapitalismus darzustellen. Daneben werden auch einige Gedanken Adornos zum Verhältnis zwischen Natur und Gesellschaft, zum Verhältnis zwischen Psychologie und Rationalität sowie zur Psychoanalyse und zum Behaviorismus erörtert. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen wird abschließend diskutiert, ob nach Adorno die Möglichkeiten der Emanzipation lediglich in der individuellen Erkenntnis bewahrt werden.

Summary: ‘Psychology does not reach into horror’ – Adorno about the individual and society

In this article the author tries to reconstruct how Adorno comprehends the possibilities of the emancipation of humankind. Therefore, it is necessary to summarize Adorno’s analysis of the human-world-relation in capitalistic societies. Furthermore, the author explores some thoughts by Adorno on the relation between nature and society, the relation between psychology and rationality as well as on psychoanalysis and behaviourism. Against this background of considerations it is finally discussed, whether – according to Adorno – the only way of preserving the possibilities of emancipation can be found in the individual’s epistemology.

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Neue Subjektivierung der Arbeit? Neue Formen der Arbeitsorganisation in subjektwissenschaftlicher Perspektive

Artikel von Jost Vogelsang in Forum Kritische Psychologie 53 (2009).

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Zusammenfassung

Der Artikel setzt sich mit der Diskussion in den Arbeitswissenschaften über die Bedeutung neuer Arbeitsformen und Managementstrategien für die Arbeitenden auseinander. Theoretische Konzepte wie praktische Erfahrungen in der Betriebsratsarbeit werden dabei mit der Kritisch-psychologischen Kategorialanalyse und dem Projekt Automation und Qualifikation in Verbindung gebracht. Der Artikel stellt die Frage, inwieweit die verschiedenen Ansätze befruchtend aufeinander wirken könnten.

Summary: New subjectivation of labour? Novel forms of working organization from a subject-scientific point of view

This article deals with recent debates within ergonomics and business studies on new forms of labour and management strategies and what they mean to workers. Theoretical concepts as well as practical experiences of work councils are connected with Critical Psychology’s analyses on a categorial level and the research project „Automation and Qualification“. The article raises the question whether the different approaches may stimulate each other.

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Jugendliche Intensivtäter/innen

Kriminelle Karrieren und Präventionsmöglichkeiten aus Sicht der betroffenen Subjekte

Huck, Lorenz

Jugendliche Intensivtäter/innen „Seit mehr als 30 Jahren wird in Deutschland eine kleine Gruppe registrierter Straftäter/innen als »Intensivtäter« gesondert bezeichnet und behandelt. Die Etikettierung rechtfertigt es, gegen die Betroffenen mit der vollen Härte des Gesetzes vorzugehen: dabei wird z. T. geltendes Recht gebeugt, in jedem Falle werden die Betroffenen nachhaltig stigmatisiert.
In Berlin erfasst die Klassifizierung meist junge Männer mit Migrationshintergrund, die aus dem Bildungssystem herausgefallen sind, kaum berufliche Perspektiven haben und ohne größere Planung oder Organisation Eigentums und Gewaltdelikte begehen. Mittlerweile ist der Begriff »Intensivtäter« in die Alltagssprache eingegangen und wird als Reizwort in der Boulevardpresse verwendet, um Ängste der Bevölkerung aufzugreifen und weiter zu schüren.
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Forum Kritische Psychologie 52

Praxisforschung – Kritik
Technikpsychologie – Psychologiegeschichte

Inhalt

Editorial

Rainer Brockmann
Zum Tode von Siegfried Schubenz (1933 – 2007)

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Ute Osterkamp
Soziale Selbstverständigung als subjektwissenschaftliches Erkenntnisinteresse

Nora Räthzel, Diana Mulinari, Aina Tollefsen, Irene Molina, Paula Mählck
Unvollendete Transformationen: Widerstreitende Zugehörigkeiten, aufbrechende Geschlechterverhältnisse, Stadt-Land-Beziehungen. Arbeitsalltag in einem europäischen transnationalen Unternehmen in Mexiko

Stefan Busse
Supervision – über die Verhältnisse reflektieren und in ihnen handeln

Thomas Rihm & Judith Mai
Störung oder Hinweis? Wenn Lernwiderstände zur Chance für die eigene Professionalisierung werden

Ernst Schraube
Kein Mittel ist nur Mittel. Subjektwissenschaft und die Ambivalenz der Technik

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Peter Keiler
Das Verhältnis A.N. Leont’evs zu Ludwig Noiré. Wissenschaftshistorische und politische Hintergründe der Entstehung der Tätigkeitstheorie

Jürgen Hilbers
Phänomenologie und Psychologie – das Problem der Vermittlung

Erich Wulff
Klaus Holzkamp: Wissenschaft als Handlung. Versuch einer neuen Grundlegung der Wissenschaftslehre. Schriften III (Rezension)

Vivien Laumann
Frauen in der rechtsextremen Szene (Werkstattpapier)

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Autorinnen und Autoren

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Frauen in der rechtsextremen Szene (Werkstattpapier)

Artikel von Vivien Laumann in Forum Kritische Psychologie 52 (2008).

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Zusammenfassung

Seit Anfang der 1990er Jahre wird auch der Rechtsextremismus geschlechtsspezifisch untersucht. Die Aktualität dieser Fragestellung zeigt die Gründung des ‚Rings Nationaler Frauen’ , der Frauenorganisation der NPD im Jahr 2006. Bei der Untersuchung des ‚weiblichen Rechtsextremismus’ sind sowohl der Organisierungsgrad von Frauen innerhalb der rechtsextremen Szene, als auch die Themen, mit denen sie sich beschäftigen, und damit im Zusammenhang die diskursiv entfalteten Frauenbilder von Interesse. Der Text widmet sich darüber hinaus drei Forschungsansätzen, die den Motiven von Frauen, in der rechtsextremen Szene zu partizipieren, nachgehen, und beschäftigt sich mit der Frage, ob sich in der zunehmenden Organisation und der Forderung nach politischer Mitbestimmung rechtsextremer Frauen innerhalb der Szene ein emanzipatives Element erkennen lässt, oder ob dieser Wandel lediglich politisch-strategische Funktionen erfüllt.

Summary: Women in the extreme right-wing scene – Degree of organisation – Image of women – State of research

Since the early 1990s, gender-specific research has been carried out into right-wing extremism. The relevance of this issue has recently been underlined by the founding of the „Ring Nationaler Frauen’, the NPD women’s organisation, in 2006. This research into ‚female right-wing extremism’ focuses on both the degree of organisation of women within the extreme right wing and the issues they are concerned with and, hence, also considers the context of the discursive images of women that are revealed. In addition, the paper examines three research approaches that investigate the reasons why women participate in the extreme right-wing scene, and addresses the question of whether an emancipatory element is evident in the increasing organisation and demand of extreme right-wing women for political co-determination, or whether this change merely satisfies strategic political functions.

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Phänomenologie und Psychologie – das Problem der Vermittlung

Artikel von Jürgen Hilbers in Forum Kritische Psychologie 52 (2008).

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Zusammenfassung

Der Text, usprünglich vor einem philosophisch interessierten Publikum gehalten, macht deutlich, dass Klaus Holzkamp schon immer als phänomenologisch arbeitender Psychologe verstanden werden kann und sich dessen zunehmend auch bewusst wurde. Die Phänomenologie ist durchgängig zentraler Subtext seines Lebenswerks. Mehr noch: das von der Kritischen Psychologie für ihren Ansatz als authentisch neuartig reklamierte subjektwissenschaftliche Konzept ist seiner Grundstruktur nach phänomenologisch, wobei von Seiten Holzkamps – mehr als bisher erkannt – Beiträge zur Entwicklung eines phänomenologischen Paradigmas geleistet worden sind. Selbst wenn man also alles Marxistische an Holzkamp seiner Geltung nach einklammern würde, es bliebe ein phänomenologisches Residuum von einer formalen Prägnanz, die so weder bei Husserl noch bei Merleau-Ponty zu finden ist. Nicht zuletzt ist damit das Interesse gegeben, einen von Holzkamp de facto im Felde phänomenologischer Philosophie geleisteten strategischen Beitrag freizulegen. Zentral ist dabei der Gedanke, dass es möglich ist, durch die Arbeiten Holzkamps hindurch eine phänomenologisch auszulegende Relationsstruktur aufzuweisen, die nicht erst empirische, sondern bereits formale Geltung und Evidenz beanspruchen kann.

Summary :Phenomeology and psychology – the problem of their mediation

This text, originally read to a philosophically interested academic audience, explaines that Klaus Holzkamp can actually be seen as an always phenomenologically informed psychologist and that he has become growingly aware of this orientation. Phenomenology forms a constant central subtext of his lifework. Moreover, the subject-scientific concept that Critical Psychology claims to be novel and authentic to its own approach is essentially phenomenological – with Holzkamp having contributed to the development of a phenomenological paradigm more than has hitherto been recognized. Even if the validity of all Marxist characteristics in Holzkamp’s work were put into brackets, there would remain a phenomenological residual of an unparalleled formal precision and clarity that cannot be found with Husserl or Merleau-Ponty. Not least this explains the interest to reveal the strategic contribution that Holzkamp has made de facto in the field of phenomenological philosophy. The focus is on the idea that it is possible to expose throughout Holzkamp’s oeuvre a phenomenologically interpretable relational structure that can lay claim not only to empirical but already to formal validity and evidence.

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Das Verhältnis A.N. Leont’evs zu Ludwig Noiré. Wissenschaftshistorische und politische Hintergründe der Entstehung der Tätigkeitstheorie

Artikel von Peter Keiler in Forum Kritische Psychologie 52 (2008).

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Zusammenfassung

In zwei in der Literatur überlieferten Vorträgen von 1935 (vgl. A.N. Leont’ev 2006a u. 2006c) beruft sich A.N. Leont’ev zur Verdeutlichung seiner Konzeption der Entwicklung der Wortbedeutungen auf das „Hartig-Gesetz“. Recherchen, was es mit diesem „Gesetz“ recht eigentlich auf sich hat, führen zu dem deutschen philosophischen Schriftsteller Ludwig Noiré (1829-1889) und seinem 1880 erschienenen Buch Das Werkzeug und seine Bedeutung für die Entwickelungsgeschichte der Menschheit. Bei eingehender Lektüre zeigt sich, dass Leont’ev offenbar nicht nur die auf dem „Gesetz des Gebrauchswechsels der Werkzeuge“ fußende Analogie der Entwicklung der Wortbedeutungen mit der Entwicklung der Werkzeuge von Noiré übernommen hat, sondern dass sein gesamter Ansatz nachhaltig von den ursprünglichen, um das Tätigkeitsprinzip zentrierten Konzeptionen Noirés beeinflusst ist, freilich auch in einigen Punkten erheblich von ihnen abweicht. Bei dieser Sachlage erhebt sich die Frage, warum Noiré (der von G.V. Plechanov in seinen Grundproblemen des Marxismus sogar als Krypto-Marxist gefeiert worden war) weder 1935 noch in späteren Texten Leont’evs jemals Erwähnung gefunden hat.

Summary: The relation of A.N. Leont’ev to Ludwig Noiré. Scientific-historical and political origins of Activity Theory.

Two lectures of 1935 quoted in the literature, A.N. Leontiev (2006a, 2006c) draws on the „Hartig law“ in order to explain his understanding of the development of word meanings. Further investigation leads to the German philosophical author Ludwig Noiré (1829-1889) and his book The Tool and its Relevance to the Developmental History of Humanity (statt humankind], published in 1880. Thorough reading reveals that Leontiev not only adopted the analogy of the development of word meanings with the development of tools, which is based upon the „law of alteration in the use of tools“, but rather that his complete approach was deeply influenced by Noiré’s original conceptions and their focus on the principle of activity. Hence the question arises why Noiré (whom G.V. Plekhanov, in his Basic Problems of Marxism, even celebrated as a crypto-Marxist) has neither in 1935 nor in later texts ever been given a mention by Leontiev.

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Kein Mittel ist nur Mittel. Subjektwissenschaft und die Ambivalenz der Technik

Artikel von Ernst Schraube in Forum Kritische Psychologie 52 (2008).

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Zusammenfassung

Subjektwissenschaftliche Psychologie, die die Probleme und Widersprüche der Menschen im alltäglichen Leben als Ausgangspunkt nimmt, benötigt auch ein Verständnis der Widersprüchlichkeit moderner Technik. Gegenüber der verbreiteten Vorstellung technischer Erzeugnisse als unproblematische Mittel zum Zweck, die ausschließlich die menschliche Handlungsfähigkeit und Verfügung über die Welt erweitern, wird für eine Verständnis der Technik als materialisiertes Handeln und widerspruchsvolle Formen des Lebens argumentiert. Darauf aufbauend werden unter Einbezug Kritischer Psychologie sowie Denkweisen aus der Wissenschafts- und Technikforschung unterschiedliche Dimensionen der Ambivalenz der Technik aufgezeigt, und Möglichkeiten diskutiert, wie subjektwissenschaftliche Psychologie zur Erforschung des Verhältnisses von Mensch und Technik beitragen kann.

Summary: No means is never just a means. Subject-scientific psychology and the ambivalence of technology

Psychology as a science of the subject, which takes the dilemmas and ambivalences of people in their everyday life as its starting point, requires an understanding of the ambivalences of modern technologies. In contrast to the common notion of technological creations as means to an end, which solely expands human agency and the participation in the world, the paper argues for a conception of technology as materialized action and contradictory forms of life. Furthermore the paper identifies in reference to critical psychology as well as theories from the field of science and technology studies different dimensions of the ambivalence of technology, and discusses the potential of subject-scientific theory for investigating the relationship between humans and technology.

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Störung oder Hinweis? Wenn Lernwiderstände zur Chance für die eigene Professionalisierung werden

Artikel von Thomas Rihm und Judith Mai in Forum Kritische Psychologie 52 (2008).

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Zusammenfassung

Widerständige Schüler/innen gelten gemeinhin als Belastung im Rahmen der Zielerreichung bzw. Outputorientierung von Schule. Von Lehrer/innen wird erwartet, dass sie die „Störer“ auf Linie bringen, um die Erreichung der Vorgaben am Schuljahresende sicherzustellen. Lernen, vom Gegenstand her optional, muss im Rahmen dieses Szenarios zweckrational als „herstellbare Größe“ umgedeutet werden. Dazu gehört, dass die Nichtbewältigung von Lernwiderständen den Lehrpersonen als Mangel zugeschrieben, also personalisiert wird. Anhand eines Fallbeispiels soll die Gratwanderung transparent gemacht werden, die die Vermittlung der widersprüchlichen Anforderungen für die betreffende Lehramtsstudentin darstellt. Nach anfänglichem Rückgriff auf institutionell nahegelegte Handlungsweisen lernt sie nun selbst in Distanz zu den Erwartungen Lernwiderstände ernst zu nehmen und sie auf die Widersprüche hin zu untersuchen, auf die sie hinweisen. In den Störungen aber Hinweise erkennen zu können gelingt es ihr nur, weil sie aus ihrer Betroffenheit heraus – begleitet durch ihr Literaturstudium und die Studiengruppe – zur Lernenden wird. In der Anerkennung der Expertise des widerständigen Schülers wird sie zur Erkennenden, lernt sie neue Handlungsmöglichkeiten kennen.

Summary: Obstacles or Signals? Resistance to learning as a chance for one’s one professional development…

The pupils’ resistance to learning is considered to put a significant strain on the school’s general orientation to achieve particular outputs. Teachers are expected to straighten out the „disruptors“ to ensure the school can attain its targets by the end of the academic year. In such a scenario, learning has to be redefined from an open voluntary process to a rationally „producible quantity“ directed to a pre-given objective. This logically entails that failing to overcome resistance to learning is ascribed to a failure on the part of the teacher, i.e., is personalised. A case study identifies the tightrope that a trainee teacher has to walk in negotiating these contradictory demands. After initial reverting to the institutionally suggested approaches, she learns to dissociate from those expectations and take the pupils resistance to learning seriously, i.e. tries to grasp the contradictions it refers to. She only manages this task because – supported by her study of the literature and the study group – she becomes a learner herself. In acknowledging the expertise of the pupil’s resistance to learning, she gains a new insight and discovers new possibilities of action.

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