Deutschland, reinlich Vaterland …?

Zur Schulddebatte über die DDR-Vergangenheit. Ein Zwiegespräch unter Abwesenden

Artikel von Klaus Naumann in Forum Kritische Psychologie 27 (1991).

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Zusammenfassung

Die Schulddebatte über die DDR-Vergangenheit weckt gerade auf der Linken ambivalente Gefühle. Der unaufgelöste Widerstreit der Argumente und Empfindungen wird in der Form eines inneren Dialogs (geschrieben März 1990/überarbeitet Dezember 1990) nachgezeichnet. Läuft in der Vergangenheitsdebatte über die DDR-Geschichte alles wie gehabt, besteht die Chance einer echten Aufarbeitung — oder verbietet die allfällige Mißbrauchbarkeit von Schuldbekenntnissen eine offene Diskussion?

Hinter der Abkehr vom Moralimperialismus zeigt sich eine überfällige Suche nach einem Normalitätskonzept, das weder Auschwitz noch Gulag verleugnet. Die Suche gilt einer zivilgesellschaftlich motivierten Verantwortlichkeit, deren »Ernstfall« nicht erst die imaginäre Stunde des letzten Gefechts oder der akuten (oder vermeintlichen) Katastrophe ist: Ein utopisches Minimum.

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Vergangenheitsbewältigung: Aber wie?

Artikel von Ute Osterkamp in Forum Kritische Psychologie 27 (1991).

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Zusammenfassung

In diesem Beitrag wird — am Beispiel der ehemaligen DDR — die These vertreten, daß wirkliche = wirkungsvolle Vergangenheitsbewältigung nur möglich ist, wenn die Mechanismen individueller Verstrickungen in die unterdrückende Realität aufgearbeitet werden, was deren offene Diskussion voraussetzt. Eine wesentliche Bedingung für eine solche offene Diskussion über Machtmißbrauch, Mitläufertum, Opportunismus etc. ist aber, daß man diese nicht nur als individuelles Versagen, sondern im Zusammenhang mit den herrschenden Verhältnissen faßt, für welche — wenn auch in Abhängigkeit von der jeweiligen Position in unterschiedlichem Ausmaß — alle verantwortlich sind.

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Zum Thema »Wendehälse«

Artikel von Klaus Holzkamp in Forum Kritische Psychologie 27 (1991).

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Zusammenfassung

Die Etikettierung »Wendehals« wird vom Standpunkt der Wendehals-Bezeichneten und der Wendehals-Bezeichner auf darin implizierte Begründungsmuster hin diskutiert. Dabei zeigt sich, daß die damit angeschnittene Beziehungsebene von Wendehals-Zuschreibung,versuchter Verteidigung und Gegenangriff in sich eine Vorurteilsstruktur, durch welche jede Art von Verhalten des jeweils anderen als Bestätigung der eigenen Vorverurteilungen aufgefasst werden kann, darstellt: Auf diese Weise sind alle Möglichkeiten, eigenes Fehlverhalten gemeinsam auf die gesellschaftlichen Bedingungen/Prämissen, unter denen es begründet erscheinen konnte, hin zu durchdringen, selbstimmunisierend abgeschnitten, damit auch Perspektiven der Schaffung nichtkorrumpierender Lebensverhältnisse unsichtbar.

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Vertrauen als Dimension eines gesellschaftlichen Umbruchs

Artikel von Christina Schierwagen in Forum Kritische Psychologie 27 (1991).

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Zusammenfassung

Die »Wende« in der DDR hatte ihren Auftakt mit einer »Vertrauenskrise«; Vertrauen bzw. Mißtrauen wurde in gewissem Sinne zu einem Synonym für das ins Wanken geratene gesellschaftliche Gemeinwesen. Im Fortgang des weiteren gesellschaftlichen Umbruchs ist »Vertrauen« — bzw. das Reden darüber im öffentlichen Diskurs — zu einem sensiblen Parameter für die Wendungen, die die »Wende« selbst vollzogen hat, geworden. Im Artikel wird skizziert, wie sich dies markant mit Etappen — der Vergangenheit, dem Herbst ‘89, der Zeit der »Runden Tische«, dem Wahlkampf und dem Anschluß — verbindet.

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Täter, Opfer, Helden — Perspektiven von Schuld

Artikel von Stefan Busse in Forum Kritische Psychologie 27 (1991).

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Zusammenfassung

Der gegenwärtige »Be- und Entschuldigungsdiskurs« nach der »Wende« in der DDR ist kaum um eine differenzierte Aufarbeitung der Schuldfrage bemüht, sondern scheint sich in der Identifizierung von Tätern und Opfern zu genügen. Die Frage nach Gründen und Bedingungen, durch die Menschen etwa zu Tätern wurden, fallen dabei in der Regel aus der Diskussion. Anhand von Interviews mit ehemaligen SED-Funktionären wird versucht, hier eine Perspektive (die der Funktionäre) etwas differenzierter zu beleuchten, indem typische Entschuldigungs- und Rechtfertigungsmuster identifiziert werden.

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Vorbemerkung

Artikel von Klaus Holzkamp in Forum Kritische Psychologie 27 (1991).

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Zusammenfassung

Der »Begründungsdiskurs« wird als Spezifikum intersubjektiver, d.h. i.e.S. humaner, Beziehungen, dargestellt. Auf diesem Hintergrund werden »defensive« Begründungsmuster, in welchen die Handlungsgründe des anderen in verschiedener Weise suspendiert und damit auch die Problematisierung eigener Handlungsbegründungen abgewehrt wird, gekennzeichnet: So die Fremdbeschuldigung als Zuschreibung von Seinsbestimmungen des anderen, durch welche meine Anschuldigungen von diesem nicht erwiderbar sind und ich so gegen jeden gleichgearteten Verdacht immunisiert bin. Die hier implizierten Personalisierungen, durch welche korrumpierende Verhältnisse unsichtbar bleiben und so auch deren Änderbarkeit durch gemeinsame Anstrengungen aus dem Blick gerät, werden aufgewiesen.

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Plädoyer für eine politische Psychologie

Artikel von Günter Rexilius in Forum Kritische Psychologie 27 (1991).

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Zusammenfassung

Zur Politischen Psychologie gehört die Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen Ereignisketten und Entwicklungsprozessen. Will sie nicht affirmativ bleiben, muß sie die Bedingungen und Ursachen schlechter Wirklichkeit und ihrer Folgen an ihre Wurzeln verfolgen. Im vorliegenden Text wird versucht, von einer gesellschaftskritischen Position her einige historische und materielle Grundlagen politischer Psychologie zu formulieren und von ihnen her einige gesellschaftspolitische Sachverhalte zu untersuchen.

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Forum Kritische Psychologie 27

Lehren als Lernbehinderung
Vergangenheitsbewältigung DDR
Politik und Psychologiegeschichte

Inhalt

Editorial

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Klaus Holzkamp
Lehren als Lernbehinderung?

Günter Rexilius
Plädoyer für eine politische Psychologie

Vergangenheitsbewältigung DDR – zeitgebundene Stellungnahmen

Klaus Holzkamp
Vorbemerkung

Stefan Busse
Täter, Opfer, Helden — Perspektiven von Schuld

Christina Schierwagen
Vertrauen als Dimension eines gesellschaftlichen Umbruchs

Klaus Holzkamp
Zum Thema »Wendehälse«

Ute Osterkamp
Vergangenheitsbewältigung: Aber wie?

Klaus Neumann
Deutschland, reinlich Vaterland …? Zur Schulddebatte über die DDR-Vergangenheit. Ein Zwiegespräch unter Abwesenden

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Peter Keiler
Gegenständlichkeit, Sozialität, Historizität — Versuch einer Rekonstruktion der Feuerbach-Wygotski-Linie in der Psychologie

Joachim Lompscher
Ein Institut und seine Perspektiven

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Autorinnen und Autoren

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Forum Kritische Psychologie 26

Selbstbestimmung und Methode
Kontroverse über »Handlungsfähigkeit«
Forschung — Praxis — Politik

Inhalt

Editorial

Symposium »Gesellschaft und Psychologie im Widerspruch« in Leipzig

Klaus Holzkamp
Über den Widerspruch zwischen Förderung individueller Subjektivität als Forschungsziel und Fremdkontrolle als Forschungsparadigma

Ute Osterkamp
Individualität als Verantwortungslosigkeit gegenüber anderen?

Kontroverse über »Handlungsfähigkeit«

Klaus Maretzky
Verallgemeinerte und restriktive Handlungsfähigkeit
Anmerkungen zu Klaus Holzkamps »Grundlegung der Psychologie«

Klaus Holzkamp
Worauf bezieht sich das Begriffspaar »restriktive/verallgemeinerte Handlungsfähigkeit«? Zu Maretzkys vorstehenden »Anmerkungen«

Frigga Haug
Wozu widersprüchliche Begriffsbildungen?
Über den Begriff des Doppelcharakters der Arbeit bei Marx

Zur Theorie der Praxis

Gisela Ulmann
Psychologische Intervention: Was lange währt, wird endlich gut?

Georg Hensler und Sandro Looser
Selbstbeschränkung der Eingriffsmöglichkeiten als Folge unhinterfragt übernommener Beschäftigungstraditionen

Morus Markard
Redaktionelle Nachbemerkung

Berufspraxis in der Selbsterfahrung

Raimund Bergmann
»Die doofe Kuh hat ja doch kein Interesse …« Ein Versuch, den Umgang unter KollegInnen im Kinderladen aufzuarbeiten

Heinz Mölders
Erwerbslosigkeit und Gesundheitswesen
Widerspruchserfahrungen in einem selbstinitiierten Projekt

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Zwei widersprüchliche Sichtweisen auf die Fuldaer Ferien-Uni:

Kristine Baldauf-Bergmann, Bettina Eick, Michael Machleb
Anmerkungen zur Fuldaer Ferien-Uni

Athanasios Marvakis
Nachtragender Nachtrag zur Fuldaer Ferien-Uni

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Joachim Lompscher
»Psychologie für die Praxis«

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Autorinnen und Autoren

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