Denkweisen über Therapie

Artikel von Ole Dreier in Forum Kritische Psychologie 22 (1988).

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Zusammenfassung

Die widersprüchliche gesellschaftliche Funktion der psychologischen Therapie impliziert verschiedene Denkweisen, in denen das Verhältnis zwischen herrschenden Kontrollinteressen und psychosozialen Versorgungsinteressen in unterschiedlicher Art mystifiziert bzw. verarbeitet ist: Im »Denken in Vorhersage und Plan« wird der Anspruch an den Therapeuten, individuell die Verantwortung für den Therapieerfolg zu tragen, einerseits unmittelbar reproduziert, was aber andererseits aufgrund seiner Unerfüllbarkeit zu typischen Gebrochenheiten und Widersprüchlichkeiten des therapeutischen Handelns führt. Dies wird in der kognitiven Fassung der Therapie als »Problemlöseprozeß« bzw. unmittelbarer »Interaktionsprozeß« zwar auf verschiedene Weise ermäßigt bzw. relativiert: Überwindbar sind die darin liegenden Widersprüche/ Beschränkungen aber erst durch die Reflexion und Analyse des objektiven Handlungszusammenhangs des Klienten und des Therapeuten in seiner institutionellen Berufsfunktion.

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Ist »Subjektivität« für die Psychologie zu vermessen?

Artikel von Morus Markard in Forum Kritische Psychologie 22 (1988).

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Zusammenfassung

Der mit der (materiell dominierenden und ideologisch hegemonialen) Auffassung der Psychologie als einer der Physik nachzuempfindenen nomothetischen Disziplin verbundene Primat der Methode vor dem Gegenstand kann kein Kriterium für die Gegenstandsadäquanz von Methoden zur Verfügung stellen. Eine antireduktionistische methodologische Kritik bedeutet jedoch nicht per se einen Fortschritt in der Bestimmung des Gegenstandes, da ohne kategoriale Aufklärung menschlicher Subjektivität bestenfalls eine Reklamation der Alltags»komplexität« und -vernunft ermöglicht wird, mit der diese zwar möglicherweise nicht formalistisch unterschritten wird, aber auch nicht auf ihre wesentlichen Momente hin transzendiert werden kann. Welche Auswirkungen aber der Methodenprimat auf die Zurichtung des Gegenstands der Psychologie hat — Enteigentlichung des menschlichen Weltbezugs und damit Verstellung der wissenschaftlichen Erfassung psychischer Tatbestände — wird am Beispiel (einer Begriffsgeschichte) des sozialpsychologischen Einstellungskonzepts konkretisiert. Schließlich wird die Notwendigkeit einer subjektwissenschaftlichen Methodologie skizziert.

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Kritische Untersuchungen einer Faktorenanalyse

Bemerkungen zu einem Aufsatz von A.O. Jäger zur Intelligenzstrukturforschung

Artikel von Eckart Leiser in Forum Kritische Psychologie 22 (1988).

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Zusammenfassung

Eine Anwendung der Faktorenanalyse im Rahmen des Intelligenzstruktur-Ansatzes wird kritisch untersucht. Die Untersuchung richtet sich insbesondere auf die zirkuläre Beziehung zwischen theoretischer Modellbildung und empirischer Begründung. Hinzu kommt verschärfend noch eine bestimmte Technik, den postulierten Faktoren mit Hilfe von künstlichen Summenvariablen »nachzuhelfen«. Verallgemeinert wird die kritisierte Anwendung als typisches Beispiel betrachtet für die Anfälligkeit multivariater Verfahren für Artefakte, gezielte Manipulationen und für die Beliebigkeit der auf sie gestützten Argumentationen. Die gewählte Art der Kritik soll das Freilegen tiefliegender methodologischer und theoretischer Irrationalismen ermöglichen, die in den etablierten Diskursen verschleiert bleiben. Gleichzeitig soll die Untersuchung paradigmatisch ein didaktisches Konzept vorführen, das ein kritisches Heranführen an komplexe statistische Verfahren im Psychologie-Studium ermöglicht.

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Deutungen und Umdeutungen des Widerstandsbegriffs

Artikel von Ute Osterkamp in Forum Kritische Psychologie 22 (1988).

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Zusammenfassung

Der Artikel setzt sich mit der Frage auseinander, inwieweit es notwendig ist, zwischen politischem Widerstand im engeren Sinne, der sich in Vertretung allgemeiner Interessen gegen das Unrechts-System als Ganzes richtet, und den verschiedenen Formen oppositionellen bis renitenten Verhaltens zu unterscheiden, die im wesentlichen auf die Verteidigung individueller oder kollektiver Privilegien innerhalb des Systems beschränkt bleiben. Es wird die Gefahr diskutiert, daß die verbreitete Verabsolutierung der privaten zur eigentlichen menschlichen Existenz die Verantwortungslosigkeit gegenüber den gesellschaftlichen Verhältnissen, die den Faschismus ermöglicht hat, nachträglich rechtfertigt und die Widerstandskraft gegen eine mögliche Wiederkehr faschistischer Verhältnisse systematisch schwächt.

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Forum Kritische Psychologie 22

Therapeutisches Denken
Aneignung und Lernen
Persönlichkeit und Widerstand
Eßsucht

Inhalt

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Ute Osterkamp
Deutungen und Umdeutungen des Widerstandsbegriffs

Eckhart Leiser
Kritische Untersuchungen einer Faktorenanalyse
Bemerkungen zu einem Aufsatz von A.O. Jäger zur Intelligenzstrukturforschung

Morus Markard
Ist »Subjektivität« für die Psychologie zu vermessen?

Ole Dreier
Denkweisen über Therapie

Ralph Baller
Problematische Implikationen der Begründungslogik von Galperins Theorie der etappenweise Bildung geistiger Handlungen

Werkstattpapiere

Andrea Burgstaller
»Liebe Julie«, Brief über »Eßsucht«

Peter Keiler
Betrifft: »Aneignung«

Klaus Holzkamp
»Persönlichkeit« — Zur Funktionskritik eines Begriffs

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Autorinnen und Autoren

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Forum Kritische Psychologie 21

Krise der Psychologie
Verinnerlichte Gewalt
Objektive Hermeneutik
Normalität
Heilkunde

Inhalt

Editorial

Hamburger Ringvorlesung Kritische Psychologie (II)

Ute Osterkamp
Verinnerlichte Gewalt als »innere Freiheit«

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Wolfgang Maiers
Sechzig Jahre Krise der Psychologie

Klaus Irmer
Objektive Hermeneutik und die Läuterung der westdeutschen Soziologie seit 1945 – oder: Die klammheimliche Austreibung des gesellschaftlichen Seins als Bestimmung des Bewußtseins

***

Rainer Bäcker
Therapie zur Normalität? Einige kritische Bemerkungen zur klientenzentrierten Gesprächspsychotherapie und zur Urschreitherapie

Hartmut Böhm
Zur Rechtsstellung klinisch-psychologischer Tätigkeit nach dem »Heilpraktikerurteil« von 1983

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Bibliographie Kritische Psychologie (8)

Autorinnen und Autoren

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Zur Rechtsstellung klinisch-psychologischer Tätigkeit nach dem »Heilpraktikerurteil« von 1983

Artikel von Hartmut Böhm in Forum Kritische Psychologie 21 (1988).

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Zusammenfassung

In diesem Beitrag wird die Rechtsstellung klinisch-psychologischer Tätigkeit nach dem Heilpraktikerurteil von 1981 diskutiert und die Relevanz für die gesundheitspolitische Diskussion erläutert. Von Psychologen ausgeübte Psychotherapie ist heilkunde- und erlaubnispflichtig. Damit erhält klinisch-psychologische Tätigkeit zum ersten Mal einen offiziellen rechtlichen Status. Bezüglich der Eigenverantwortlichkeit und Abgrenzung gegenüber Ärzten bietet das BVG-Urteil vielerlei Möglichkeiten für neue Positionsbestimmungen der klinischen Psychologie im Gesundheitswesen. Berührt wird aber auch die Rechtstellung anderer Berufszweige in der psychosozialen Versorgung,

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Therapie zur Normalität?

Einige kritische Bemerkungen zur klientenzentrierten Gesprächspsychotherapie und zur Urschreitherapie

Artikel von Rainer Bäcker in Forum Kritische Psychologie 21 (1988).

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Zusammenfassung

Die Ausbreitung der »Welt der Psychotherapien« in den entwickelten westlichen Staaten ist eng verbunden mit einem gesellschaftlichen Deutungsmuster, das von der Prämisse der Überflüssigkeit gesellschaftlicher Veränderungen für das Wohlbefinden der Individuen ausgeht. In der Arbeit wird untersucht, inwieweit Momente eines solchen Deutungsmusters schon in Therapiekonzepten enthalten sind und wie sie zur Wirkung gebracht werden. Als Beispiele werden die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie von C.R. Rogers und die Urschreitherapie von A. Janov betrachtet. Diese Therapiekonzepte werden auf die in ihnen enthaltenen Normalitätsvorstellungen befragt, die als Versprechungen der Therapie verstanden werden. In einem zweiten Schritt werden Wirkungen der beiden Therapien zu erfassen versucht.

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Objektive Hermeneutik und die Läuterung der westdeutschen Soziologie seit 1945

Oder: Die klammheimliche Austreibung des gesellschaftlichen Seins als Bestimmung des Bewußtseins

Artikel von Klaus Irmer in Forum Kritische Psychologie 21 (1988).

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Zusammenfassung

Nach Ulrich Oevermann ist die soziologische Erklärung von Sozialisationsprozessen sinnvoll nur auf der Basis eines metatheoretischen Bezugspunkts des »idealisierten autonom handlungsfähigen, mit sich identischen Subjekts« einzulösen. Dessen Struktur wird gattungsspezifisch in Gestalt des »epistemischen Subjekts« à la Piaget reflektiert. Mit dem »Kompetenz-Performanz-Paradigma« aus der linguistischen Forschung werden Fragen der Spracherwerbstheorie im Zusammenhang der sozialen Genese einer Ich-Instanz diskutiert, wobei eine »sozialisatorische Interaktion« zu allgemein gültigen Erkenntnissen der Persönlichkeitsentwicklung zu führen verspricht. Es wird der eingeschlagene Forschungsweg kritisch hinterfragt und anhand des interpretativen Methodenansatzes die »Austreibung« des konkreten, sinnlichen Subjekts aus der wissenschaftlichen Erkenntnisbildung zur Diskussion gestellt.

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Sechzig Jahre Krise der Psychologie

Artikel von Wolfgang Maiers in Forum Kritische Psychologie 21 (1988).

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Zusammenfassung

In der zeitgenössischen »theoretischen Psychologie« ist die Kontroverse um pluralistische oder monistische Entwicklungsperspektiven psychologischer Wissenschaft noch unerledigt. Die zeitgeschichtlichen Dokumente einer Psychologiekrise durch Bühler und Wygotski scheinen sich dieser Alternative zuordnen zu lassen. Im Durchgang durch beide Arbeiten wird die Haltlosigkeit solcher Vermutung gezeigt. Zugleich verdeutlicht sich die Aktualität der »allgemeinen« (Wygotski) bzw. »axiomatischen« (Bühler) Psychologie für heutige Anstrengungen um neue kategorial-methodologische Grundlagen.

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