Kartographie der Gegenoffensive. Das Gespenst des Feminismus

Artikel von Verónica Gago in Forum Kritische Psychologie Neue Folge 3 (2021)

Verfügbar über: https://doi.org/10.58123/aliceopen-693-6

Zusammenfassung

Die feministischen Bewegungen weltweit und die sich darin artikulierenden Feminismen fordern die etablierten Mächte heraus, und diese haben eine dreifache – kirchliche, ökonomische und militärische – Gegenoffensive entfacht, gestützt unter anderem auf die öffentliche Verurteilung der ›Gender-Ideologie‹. Dabei werden verschiedene Taktiken genutzt. So wird die ›Gender-Ideologie‹ mit dem Kolonialismus verknüpft oder der Feminismus als triviale Politik der Mittelklasse infantilisiert und den allgemeinen Nöten großer Teile der Bevölkerung entgegengestellt.

Abstract

Cartography of the Counteroffensive. The specter of feminism Feminist movements around the world and the feminisms articulated within them are defying the established powers. The latter have unleashed a counter-offensive based, among other things, on the public condemnation of ‘gender ideology’. Various tactics are used to achieve this. For example, ‘gender ideology’ is linked to colonialism, or feminism is infantilised as a trivial middle-class policy and set against the general needs of large parts of the population. – The article was translated from Spanish for Forum Kritische Psychologie (Neue Folge) and edited in collaboration with the author. It is based on the article Cartografiar la contraofensiva: el espectro del feminismo, published in Nueva Sociedad 282 (July-August 2019).

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»Männerphantasien«

Kritik an Klaus Theweleits Analyse von Faschismus und Männlichkeit

Artikel von Klaus Weber in Forum Kritische Psychologie Neue Folge 3 (2021)

Verfügbar über: https://doi.org/10.58123/aliceopen-693-4

Zusammenfassung

Männerphantasien – das »Kultbuch« zur Kritik an marxistischen und ökonomistischen Erklärungen des deutschen Faschismus wird einer Relektüre unterzogen. Dabei werden sowohl die psychoanalytischen Grundannahmen Klaus Theweleits als auch seine Ausblendung gesellschaftlicher Zusammenhänge zur Faschismuserklärung in Frage gestellt, gleichzeitig aber werden die auf den männlichen Körper bezogenen psychodynamischen Erklärungsweise erkenntnisbringend reformuliert. Beispielhaft wird am Nachwort der Neuauflage (2019) gezeigt, wie der Autor den Habitus des Besserwissens gegen eine kritisch-marxistische Denkweise wendet – was den Wert seiner Erkenntnisse schmälert.

 “Männerphantasien” – Critique of Klaus Theweleit’s Theories on Fascism and
Masculinity.

Abstract

Männerphantasien – the “cult book” criticizing Marxist and economistic explanations of German fascism is subjected to a re-reading. Klaus Theweleit’s basic psychoanalytical assumptions are questioned as well as his explanation of fascism, which ignores social contexts. At the same time, the psychodynamic explanations related to the male body are reformulated. Exemplarily, the epilogue of the new edition (2019) shows how the author turns the habitus of know-it-all against a critical Marxist way of thinking – which diminishes the value of his insights.

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Interview mit dem Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit (AKS) Hamburg

Heimerziehung als Entwicklungsbehinderung – »Eine Jugendhilfe muss her, die eine Perspektive des guten Aufwachsens für alle Kinder und Jugendliche bietet.«

Der Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit (AKS) Hamburg im Gespräch mit Felix Bardorf und Ariane Brenssell in Forum Kritische Psychologie Neue Folge 3 (2021)

Verfügbar über: https://doi.org/10.58123/aliceopen-693-3

Zusammenfassung

Kinder und Jugendliche haben Rechte – eine banale Feststellung, die aber nicht nur im politischen Raum (vgl. die Debatte um Kinderrechte im Grundgesetz), sondern auch in der sozialarbeiterischen Praxis umkämpft scheint. Mit dem Tribunal zur Verletzung von Kinderrechten in der Heimerziehung und der aktuellen Heimkampagne des Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit (AKS) Hamburg (siehe Rezension auf S. 171) wurde der Fokus auf besorgniserregende Entwicklungen in der Sozialen Arbeit/ Jugendhilfe gerichtet. Im
E-Mail-Interview – der AKS Hamburg erarbeitete die Antworten im Gruppenprozess – sollte die Frage geklärt werden, ob die geschlossene Unterbringung, entmündigende Praxen und behavioristische Lernparadigmen Symptome eines (neuen) Autoritarismus in der Sozialen Arbeit und/ oder Jugendhilfe sind.

Home education as an impediment to development – “A youth welfare system
must be established that offers a perspective of growing up well for all children and
young people.”

Abstract

Children and young people have rights – a trivial statement, which nonetheless seems to be contested in the field of politics (see the debate on children’s rights in the Grundgesetz) and also in the field of social work. The tribunal to the violation of children’s rights in residential care and the Heimkampagne by the Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit (AKS) Hamburg (see review at p. 171) has shifted the focus towards alarming tendencies in the field of social work and youth welfare service. The interview, which was conducted via e-mail, highlights the question if closed institutions for children, restrictive practices and an understanding of learning, which is inspired by behavioristic theories, could be seen as symptoms of a (new) authoritarianism in the field of social work and youth welfare service.

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Antisemitismus als kollektive Handlungsproblematik in einer Gesellschaft der Vielen

Artikel von Katrin Reimer-Gordinskaya und Selena Tzschiesche in Forum Kritische Psychologie Neue Folge 3 (2021)

Verfügbar über: https://doi.org/10.58123/aliceopen-693-2

Zusammenfassung

Antisemitismus wird in diesem Beitrag aus der Perspektive von Juden:Jüdinnen rekonstruiert und als individuelle und kollektive Handlungsproblematik in einer Gesellschaft der Vielen verstanden. Auf der Grundlage einer in Berlin durchgeführten Studie wird gezeigt, dass Antisemitismus in Praxen der Besonderung, Aggression und Bedrohung sowie einem Israel-Blick der Mehrheitsgesellschaft zum Ausdruck kommt. Betroffene sehen sich angesichts weitgehend ausbleibender Solidarisierung auf Umgangsweisen im Rahmen restriktiver Handlungsfähigkeit verwiesen. Zugleich geben Selbstorganisierung und unterstützende Netzwerke Anlass zur Hoffnung, dass Formen verallgemeinerter kollektiver Handlungsfähigkeit gegen Antisemitismus und für eine solidarische Gesellschaft realisiert werden können.

Abstract

Anti-Semitism as a collective problem of action in a society of the many. In this contribution antisemitism is reconstructed from the perspective of Jews and understood as an individual and collective problem in a heterogeneous society. Based on a study carried out in Berlin, it shows how antisemitism is expressed in practices of othering, aggression, threatening and a view on Israel of the majority society. As there is a substantial lack of solidarity, strategies of coping with Antisemtism can be interpreted as forms of restrictive agency (restriktive Handlungsfähigkeit). Meanwhile self-organizations and supportive networks give cause for hope that forms of generalized collective agency (verallgemeinerte kollektive Handlungsfähigkeit) against antisemitism and for a solidary society can be realized.

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Deutungskämpfe um Autorität

Feministische Lektüren im Anschluss an Hannah Arendt

Artikel von Teresa Orozco Martinez in Forum Kritische Psychologie Neue Folge 3 (2021)

Verfügbar über: https://doi.org/10.58123/aliceopen-693-1

Zusammenfassung

Der Beitrag setzt sich mit der Diagnose der Philosophinnen Hilge Landweer und Catherine Newmark auseinander, die gegenwärtig ein allgemeines ›Bedürfnis nach Autorität‹ feststellen und angesichts fehlender Autorität von Frauen einen feministischen Zugang suchen. In der Aufsatzsammlung »Wie männlich ist Autorität? Feministische Kritik und Aneignung« (2018) knüpfen sie zusammen mit weiteren Autor:innen an einen Autoritätsbegriff von Hannah Arendt an, den diese für die Nachkriegszeit entwickelt hatte. Um die unterschiedlichen Dimensionen in dieser Debatte ideologietheoretisch zu beleuchten, rekonstruiert Orozco kritisch die römischen Wurzeln des Autoritätsbegriffes und bezieht sich auf Pierre Bourdieus Analyse der Verknüpfung von Staat und Autorität. Sie problematisiert sowohl die Hürden, die Arendts Autoritätsauffassung für eine feministische Aneignung darstellt, als auch den Versuch, Autorität ›neutral‹ zu denken und zu einem positiven Anknüpfungspunkt für Frauen zu erklären.

Struggles over interpretations of authority. Feminist readings following Hannah Arendt

Abstract

The article deals with the diagnosis of the philosophers Hilge Landweer and Catherine Newmark, who currently identify a general ‘need for authority’ and seek a feminist approach in view of the lack of authority of women. In the collection of essays “How Masculine is Authority? Feminist Critique and Appropriation” (2018), they, together with other authors, take up a concept of authority developed by Hannah Arendt for the postwar period. To shed light on the different dimensions in this debate in terms of ideology theory, Orozco critically reconstructs the Roman roots of the concept of authority and refers to Pierre Bourdieu’s analysis of the nexus of state and authority. She problematizes both the hurdles that Arendt’s conception of authority poses for a feminist appropriation and the attempt to think authority ‘neutrally’ and declare it a positive point of connection for women.

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Erster kritisch-psychologischer Landsalon 2021

Datum: Samstag, 18.09.2021, ab 17:30 Uhr 

Ort: Nordwestuckermark in Fürstenwerder, Scheune Ernst-Thälmann-Str. 12

Voranmeldung unter: landsalon@posteo.de

Individuell angemessene Spenden vor Ort sind sehr willkommen.

In der ersten Ausgabe des Landsalons geht es um die „Generationengespräche Ost“. Die Lesung aus dem gleichnamigen Buch der beiden Autorinnen Sabine Michel und Dörte Grimm bietet einen Ausgangspunkt. Die darin geführten Interviews über Erfahrungen in insgesamt 3 politischen Systemen ermutigen miteinander und über Generationen hinweg ins Gespräch zu kommen. Aufkommende Fragen und Denkanstöße diskutiert die Initiative Landsalon mit der/dem Moderator/in Leonie Knebel /Michael Zander.

Organisiert von der Initiative Landsalon in Kooperation mit dem Buchladen Fürstenwerder und der Gesellschaft für subjektwissenschaftliche Forschung und Praxis, mit Unterstützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Vierter kritisch-psychologischer Salon 2021

Sexualisierte Gewalt an Männern* aus Betroffenensicht.
Was haben biografische Erzählungen mit der Wiedergewinnung eigener Deutungsmacht zu tun?

Datum: Freitag, 11. Juni 2021, 19.00 bis 20.30 Uhr

Ort: Online via Zoom

Zugangsdaten per E-Mail an anmeldung@kritische-psychologie.de, Betreff: Salon

In diesem Salon geht es um die Frage, wie die Subjektstandpunkte von Betroffenen in der Wissenschaft und darüber hinaus sichtbar gemacht werden können. Aus seiner Berufspraxis als ehemaliger Berater in der betroffenenkontrollierten Anlaufstelle Tauwetter e. V. und durch Ergebnisse aus der Forschung gegen sexualisierte Gewalt hat der Referent der Eindruck gewonnen, dass Standpunkte von Betroffenen von der Deutungsmacht der Wissenschaftler*innen abhängig sind: Ermöglicht die en vogue gewordene partizipative Forschung, die Deutungsmacht hin zu den Betroffenen zu verschieben? Oder ist die Beteiligung von Betroffenen an Forschungsprozessen möglicherweise nur ein Scheinerfolg, der eher einem Fehlschlag gleichkommt? Detlef Maag nimmt an, dass es für das Anliegen, Betroffenenstandpunkte von Fremdzuschreibungen und Außenstandpunkten Nichtbetroffener zu befreien, nur teilweise hilfreich ist. Anhand von Ergebnissen aus seiner Masterarbeit und seiner laufenden Promotion wird er hierzu Thesen vortragen und zur Diskussion stellen.

Detlef Maag ist Gestalttherapeut und Sozialarbeiter (M.A. Praxisforschung in Sozialer Arbeit und Pädagogik) und promoviert am Promotionszentrum für Soziale Arbeit der HAW Hessen. Sein Forschungsthema ist: Lebensgeschichtliche Erfahrung sexualisierter Gewalt von Männern* und die Bedeutung gegenhegemonialer und betroffenenkontrollierter Ansätze.

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Notiz zu Geschichte und Gegenwart qualitativer Sozialforschung: Günter Mey zum 60. Geburtstag

Verfügbar über: Michael Zander auf begegnen und bewegen 2021

Möglicherweise wird man eines Tages auf die Psychologie und die Sozialwissenschaften unserer Zeit zurückblicken und Mühe haben, nachzuvollziehen, warum in den diversen Fächern die qualitative Sozialforschung einen so schweren Stand hatte. Besonders befremdlich wird man dies vielleicht insbesondere im Falle Deutschlands und Österreichs finden, von wo aus einst die Naziherrschaft und der Zweite Weltkrieg ihren Ausgang nahmen. Forscherinnen und Forscher wurden ermordet, z.B. Käthe Leichter und Georges Politzer, in den Selbstmord getrieben – wie Martha Muchow nach der Entlassung William Sterns und nach ihrer eigenen Suspendierung (Mey & Wallbrecht, 2016) –, oder sie sahen sich zur Flucht gezwungen, unter ihnen Theodor W. Adorno, Marie Jahoda und Kurt Lewin. Mehrheitlich bezogen sich die Genannten in ihren Werken auf die Schriften von Karl Marx und Sigmund Freud. Lesen extern fortsetzen →

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