Moderne psychologische Theorien über Denken und Gedächtnis – kann der Computer das Vorbild sein?

Artikel von Hans-Peter Michels in Forum Kritische Psychologie 39 (1998).

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Zusammenfassung

Die Abhängigkeit der kognitivistischen Psychologie von der Künstlichen-Intelligenz Forschung (Kl) wird dargestellt. Deren abstrakte, formale Theorienbildungen haben innerhalb der Psychologie erhebliche Konsequenzen: Psychologische Gegenstandsbereiche wie Wahrnehmen, Denken oder Erinnern werden inadäquat erfaßt. Dabei bleiben die spezifischen Qualitäten von Menschen außer acht, wenn man sie analog zum Informationsverarbeitungssystem Computer zu begreifen versucht.

Summary: Modern psychological theories about thinking and memory – can the computer be possibly the model?

The impact of artificial intelligence research with its abstract and formal theorization on cognitive psychology is demonstrated. Psychological domains, like perception, thinking and remembering, are inadequately conceptualized as information processing, i.e. the specific qualities of human beings get lost, if die computer is taken as the model.

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Kurt Lewin, Norbert Bischof – und die Folgen. Zum Verhältnis von Allgemeinem und Konkretem in der Psychologie

Artikel von Wilhelm Kempf in Forum Kritische Psychologie 39 (1998).

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Zusammenfassung

Im Anschluß an Kurt Lewins Forderung nach einer gegenstandsangemessenen Umsetzung des Galileischen Programms in der Psychologie und in Auseinundersetzung mit der einschlägigen wissenschaftstheoretischen Diskussion in Philosophie (Hempel, Hoyningen-Huene, Lorenzen, Schwemmer, v.Wright) und Sozialwissenschaften (Bischof, Blumer, Buss, Holzkamp, Sève, Smedslund) setzt sich der Autor mit der Frage auseinander, inwieweit eine subjektwissenschaftliche Psychologie diesem Anspruch gerecht zu werden vermag. Die Untersuchung kommt zu dem Schluß, daß subjektwissenschaftliche Psychologie sehr wohl als empirische Erfahrungswissenschaft zu gelten hat. Indem sie das nomologische Erklärungsmodell durch das intentionale Erklärungsmodell ersetzt, kommt es jedoch zu einer Umkehrung des Verhälnisses zwischen Allgemeinheit, Konkretheit ünd Hypothesenförmigkeit der in den Erklärungen enthaltenen Aussagen.

Summary: Kurt Lewin, Norbert Bischof – and the consequences. On the relationship between the abstract and the concrete in psychology

Following Kurt Lewin’s demand that psychology should utilize die Galileian program in a way which is adequate to its particular subject matter, the present paper takes up the pertinent discussion both in die philosophy of science (Hempel, Hoyningen-Huene, Lorenzen, Schwemmer, v.Wright) und die social sciences (Bischof, Blumer, Buss, Holzkamp, Sève, Smedslund) in order to investigate whether the critical-psychological approach to a „subject-scientific psychology“ meets this demand. Since in this approach die nomological model of scientific explanation is substituted for the intentional model of explanation, however, the relation between generality, concreteness and hypotheticality of explanatory statementes is inverted.

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Wenn aus sozialen Ungleichheiten kulturelle Differenzen werden. Zum Verhältnis von multikultureller Gesellschaft und Neorassismus

Artikel von Athanasios Marvakis in Forum Kritische Psychologie 39 (1998).

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Zusammenfassung

Nach einer kurzen Analyse der gegenw&auuml;rtigen gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland als Erfahrungshintergrund werden die diskursiven Konstrukte „multikulturelle Gesellschaft“ und ihr vermeintliches Gegenteil „Neorassismus“ untersucht. Im nächsten Schritt wird der Zusammenhang zwischen „Kultur“ und der Positionierung in der gesellschaftlichen Struktur sozialer Ungleichheiten am Beispiel des Konzepts einer „Kultur der Armut“ verdeutlicht. Abschließend thematisiert der Beitrag den pädagogischen Transfer, d.h. die Verwendung des „Differenzarguments“ in Form der „Interkulturellen Pädagogik“.

Summary: When social inequalities are turned into cultural differences

After a brief analysis of die current societal situation in Germany, die discursive constructs of a „multicultural society“ and its presumed opposite, „neoracism“, are examined. Taking die concept of a „culture of poverty“ as an illustration, the relationship between „culture“ and the positioning within a societal structure of inequality is elucidated. In conclusion, the pedagogical transfer, i.e. the problematic argument of „difference“/ the „right of difference“ in „inter-cultural pedagogy“, is discussed.

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Schüler als Lehrer, Schülerinnen als Lehrerinnen. Über Widersprüche in der schulischen Suchtprävention und den Versuch ihrer Überwindung durch peer education

Artikel von Hans-Joachim Rieckmann in Forum Kritische Psychologie 39 (1998).

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Zusammenfassung

Am Beispiel eines Programms zur schulischen Suchtprävention wird der Anspruch, mit Hilfe von peer education sowohl die Wirksamkeit von Erziehung zu steigern, als auch Pädagogik im allgemeinen demokratisieren zu können, kritisch untersucht. Im ersten Teil des Textes soll gezeigt werden, daß Theorien, die Sucht als erlerntes, „extern deteriminiertes“ Verhalten bestimmen, eine Praxis legitimieren, in der die erzieherische Bevormundung Jugendlicher ausgeweitet wird. Basierend auf einem Projetkbericht versucht der Autor im zweiten Teil deutlich zu machen, daß peer education die hierarchischen Strukturen in der Suchtprävention nicht überwindet, sondern allenfalls verschleiert. Der Text endet mit einer kritischen Auseinandersetzung mit gängigen Evaluationsmethoden.

Summary: Pupils as teachers. On contradictions in scholastic addiction prevention and their attempted overcoming through peer education

Drawing on a practical example of a scholastic program for the prevention of addiction, the claim to augment the efficiency of education and to democratize pedagogy in general by means of peer education is scrutinized. Theories which define addiction as a learnt behaviour determined by die environment legitimize a practice that extends the pedagogical patronizing treatment of juveniles. In die second part it is demonstrated that peer education does not overcome, but rather conceals the hierarchical structures of addiction prevention. Learning processes become even more standardized. The text is concluded by a critical discussion of common methods of evaluation.

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Forum Kritische Psychologie 39

Lernen
Erkenntnis
Therapiewidersprüche

Inhalt

Editorial

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Hans-Joachim Rieckmann
Schüler als Lehrer, Schülerinnen als Lehrerinnen. Über Widersprüche in der schulischen Suchtprävention und den Versuch ihrer Überwindung durch peer education

Athanasios Marvakis
Wenn aus sozialen Ungleichheiten kulturelle Differenzen werden. Zum Verhältnis von multikultureller Gesellschaft und Neorassismus

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Wilhelm Kempf
Kurt Lewin, Norbert Bischof – und die Folgen. Zum Verhältnis von Allgemeinem und Konkretem in der Psychologie

Hans-Peter Michels
Moderne psychologische Theorien über Denken und Gedächtnis – kann der Computer das Vorbild sein?

Arne Raeithel (†)
Zur Naturgeschichte der Zeichenprozesse

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Jochen Kalpein & Nadja Katsch
Bericht über die Diskussion der Arbeitsgruppe „Therapiewidersprüche“ auf dem 4. Kongreß Kritische Psychologie, Berlin 1997

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Bibliographie Kritische Psychologie_(11)

Autorinnen und Autoren

Rubrik: Neuerscheinungen | Tags:

Forum Kritische Psychologie 38

Lernen
Holzkamp-Colloquium

Inhalt

Editorial

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Josef Held
Kooperatives Lernen – ein Neuansatz in der Lernforschung?

Mark Galliker
Lernen im raum-zeitlichen Kontext: Bemerkungen zu Problemen der Lernpsychologie auf der Grundlage von Wittgenstein

Gisela Ulmann
Zahlbegriff vs. Rechnen – oder: „Handlungsmagik“ und Probleme der „Identität“?

Hans Treplin
Bewegte Griffe und musikalische Begriffe; Musikmachen als Lernproblematik

Wolfgang Hucklenbroich
Nachdenken über Professionalität und Kompetenz in schwierigen Zeiten

Werkstattpapiere

Gisela Ulmann & Imke Dierks
Zum Thema „Evaluation universitärer Lehre“

Michael Zander
Über die Einübung politischer Praxis

Josef Held, Rudolf Leiprecht & Christine Riegel
Projekt „Internationales Lernen“. Orientierung Jugendlicher im Kontext von Integration und Ausgrenzung

Dokumentation: Beiträge eines Gedenk-Colloquiums für Klaus Holzkamp (Januar 1996 an der FU Berlin)

Jean Lave
On Learning

Ian Parker
Psychology, subjectivity and resistance

Charles W. Tolman
Erklären, Verstehen und die Kritische Psychologie

Erich Wulff
Vergesellschaftung als Bewußtseinsakt

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Autorinnen und Autoren

Rubrik: Neuerscheinungen | Tags:

Projekt „Internationales Lernen“. Orientierung Jugendlicher im Kontext von Integration und Ausgrenzung

Artikel von Josef Held, Rudolf Leiprecht und Christine Riegel in Forum Kritische Psychologie 38 (1997).

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Zusammenfassung

Hier wird ein Projektantrag zur Diskussion gestellt, der auf der Grundlage der Kritischen Psychologie entwickelt wurde. Das Projekt wird seit Oktober 1996 von der Europäischen Union gefördert, wenn auch eine volle Finanzierung nicht erreicht werden konnte.

Summary: Project „International learning“: orientations of adolescents in the context of integration and separation.

The paper discusses a research application for the funding of a project which was developed on the basis of Critical Psychology. The project has been supported by the European Community since October 1996 although a complete grant was not obtained.

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Vergesellschaftung als Bewußtseinsakt

Artikel von Erich Wulff in Forum Kritische Psychologie 38 (1997).

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Zusammenfassung

Vergesellschaftung ist nicht nur ein – bei Erwachsenen – schon abgeschlossener gattungs-, gesellschafts- und individualhistorischer Vorgang. Gesellschaftsbezogenes Handeln bedarf zudem eines Bewußtseinsaktes, der die Gesellschaftsbezogenheit des menschlichen Erfahrungsfeldes erst eröffnet und dann ständig offenhält. Dieser Bewußtseinsakt wird als Akt des anerkennenden Sein-Lassens der dimensionalen Aufeinanderbezogenheit von persönlichem Sinn und verallgemeinerbarer Bedeutung, von subjektiven Handlungsgründen und verallgemeinerten Handlungsmöglichkeiten („Prämissen“) – in anderer Terminologie: der Teilhaftigkeit des für-mich- und für-andere-Seins alles Begegnenden – beschrieben. Dieser vergesellschaftende Bewußtseinsakt wird vom Wahnsinnigen nicht vollzogen.

Summary: Socialsation / Societalisation as an act of consciousness

Socialisation (or societalisation) is not just an evolutionary, social-historical and ontogenetic process that is completed once and for all (in the adult). Action relating to society requires, moreover, an act of consciousness that first creates and then maintains the societal nature of the human field of experience. This act of consciousness is described as an act of acknowledging and accepting (Seinlassen) the interconnectedness of personal sense and objective meaning, of subjective grounds for action and generalised possibilities („premisses“) for action – or, in other words, it is participation in the being-for-self and the being-for-other of all that is encountered. This socialising act of consciousness is never consummated by those who are insane.

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Erklären, Verstehen und die Kritische Psychologie

Artikel von Charles W. Tolman in Forum Kritische Psychologie 38 (1997).

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Zusammenfassung

Das Problem der Erklärung, obgleich für wissenschaftliche Praxis zentral, wird von der nordamerikanischen Psychologie weithin vernachlässigt. Die Untauglichkeit der in statistischen Methoden implizierten Kausalerklärung für intentionales Handeln läßt sich leicht demonstrieren. Der „praktische Syllogismus“ bietet eine tragfähigere Basis für Erklärungen, erfordert aber eine Aufschlüsselung des Kontextes, aus dem seine Prämissen bezogen werden. Die gesellschaftlich-historische Analyse der Kritischen Psychologie erfüllt diese Funktion und liefert so befriedigendere Erklärungen als der psychologische Hauptstrom.

Summary: Explaining, Understanding and Critical Psychology

The problem of explanation, though central to the scientific endeavour, is much neglected by North American psychology. The inadequacy of the causal explanation implied in statistical methods is easily demonstrated for intentional action. The „practical inference“ provides a sounder basis for explanation but requires an elaboration of the context from which its premises are drawn. The social-historical analysis of Critical Psychology serves this function, thus providing more satisfactory explanation than mainstream psychology.

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Psychology, subjectivity and resistance

Artikel von Ian Parker in Forum Kritische Psychologie 38 (1997).

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Summary

The work of Foucault draws attention to two complementary processes in modern society – discipline and confession – that make our discipline of psychology fit so well with it. This paper describes the way in which Foucault’s account may be useful for a critical psychology, and it focuses on two possible consequences for the future of critical work: (i) the development of information technology may not have brought us to the end of the modern age Foucault described and into a ,postmodern‘ condition, but it has created, in cyberspace, new places for new psychologies; (ii) whatever happens with new technology, there will always be the problem that psychologists pretend to be experts on other peoples‘ minds, and that they use scientific language to categorise pathology. Many varieties of ‚pathology‘ look very different, however, from the point of view of those who are so labelled, and there are self-help movements, of those who ,hear voices‘ for example, which provide an empowering alternative to psychological models. The group ,Psychology Politics Resistance‘ aims to link these self-help movements and critical psychologists against discipline.

Zusammenfassung: Psychologie, Subjektivität und Widerstand

Foucaults Werk lenkt die Aufmerksamkeit auf zwei komplementäre Prozesse in der modernen Gesellschaft – Disziplin und Beichte -, die unsere psychologische Wissenschaft für sie so geeignet sein lassen. Der Artikel beschreibt, wie Foucaults Erklärungsansatz für eine kritische Psychologie fruchtbar gemacht werden kann, und er konzentriert sich auf zwei denkbare Konsequenzen für die Zukunft kritischen Arbeitens: (i) die Entwicklung der Informationstechnologie muß uns nicht, wie von Foucault beschrieben, ans Ende der Moderne und in eine „postmoderne“ Situation geführt haben, sondern sie hat womöglich im „Cyberspace“ neue Räume für neue Psychologien eröffnet; (ii) was auch immer mit der neuen Technologie geschieht, es wird stets das Problem bestehen, daß Psychologen vorgeben, Experten für das Bewußtsein anderer Menschen zu sein, und daß sie Wissenschaftssprache gebrauchen, um Pathologie zu kategorisieren. Viele Arten von „Pathologie“ nehmen sich jedoch vom Standpunkt derer, die so etikettiert werden, ganz anders aus, und es gibt Selbsthilfebewegungen (beispielsweise von solchen, die „Stimmen hören“), die eine selbst-ermächtigende Alternative zu psychologischen Modellen bieten. Die Gruppe „Psychologie-Politik-Widerstand“ zielt darauf ab, diese Selbsthilfebewegungen und kritische Psycholog/-innen gegen die Disziplin zu verbünden.

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