„In die Schule geh‘ ich nicht…“ Schulabsentismus: Klassifikation und Verwaltung statt Schulreform?

Artikel von Daniela Schmitz und Gisela Ulmann in Forum Kritische Psychologie 46 (2003).

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Zusammenfassung

Sind Schulschwänzer potentielle Kriminelle oder Schulkritiker? Ist Schulschwänzen eine „Störung des Sozialverhaltens“ – oder Folge einer Überforderung der „Regelschule“, Erziehungsdefizite des Elternhauses auszugleichen? Der neutrale Begriff „Schulabsentismus“ ermöglicht, den Gründen der Schulabsenten nachzugehen. Dargestellt und diskutiert werden die bisherigen, eher verwaltenden, Maßnahmen: Kontrolle der Schulschwänzer oder Alternativprojekte v.a. der Jugendhilfe für Schulverweigerer (was bedeutet, die gesetzliche Schulpflicht offiziell zu ermäßigen). Wird so, statt auf eine Reform der Regelschule zu drängen, eine weitere Sonderschul-Art etabliert?

Summary: School absenteeism: classification and administration instead of school reform?

Are school absentees potential criminals or school critics? Is absence from school a „disorder of social behaviour“ – or a result of overstretching the capacity of the „regular school“ to compensate for the educational deficits of the parents´ home? The neutral concept of „school absenteeism“ enables one to follow the reasons of the school absentees. The customary, rather administrative measures such as the control of the absentees or alternative projects of youth welfare are discussed. Are we well on the way to establish just another special school for maladjusted children rather than urging a thorough reform of the regular school?

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We don’t need no education! – Kann man zur Freiheit erzogen werden?

Vortrag bei Verein „Gegenentwurf – für eine solidarische Gesellschaft e.V.“, München, Club Voltaire, Theater im Fraunhofer. Mit Unterstützung des Kurt Eisner Vereins für politische Bildung in Bayern e.V. (2003). Verfügbar über Morus Markard im Club Voltaire 2003

Morus Markard

1. Vorbemerkung

Kann man zur Freiheit erziehen? Muss man zu Freiheit erziehen? Man könnte allerdings auch fragen: Warum sollte man zu etwas erziehen, was ohnehin praktisch jeder und jede will?

Oder ist jemand hier, die/der sich grundsätzlich gegen Freiheit ausspricht?

Eine weitere Frage zur Erziehung zur Freiheit: Ist nicht, sieht man die Freiheits-Frage aus der Perspektive von Kindern, Freiheit das, worauf ihr Leben, ihre ganz kindliche Existenz, hinausläuft, auf Befreiung von Bevormundung, auf Befreiung von Schutz, der vielleicht immer auch Kontrolle ist? Mit dieser simplen Frage ist man übrigens erstaunlich nahe bei Kant, der Freiheit als Voraussetzung dafür fasste, von seiner Vernunft gegenüber Übergebenen Gebrauch zu machen. Wenn nun ein Kind in seiner Entwicklung zunehmend zu Verstand kommt, ist es dann nicht eher darum zu tun, dem Kind die Freiheit zu gewähren bzw. zu gewährleisten, seinen Verstand auch zu gebrauchen, statt es zur Freiheit zu erziehen.

Gewähren oder gewährleisten? Ein wesentlicher Unterschied: Gewähren heißt nämlich einräumen, was einem nicht per se zusteht. Gewährleisten dagegen heißt sichern, was einem zusteht. Was man gewährt, kann man nach Belieben entziehen. Es wird also im Folgenden auch darum gehen, wie Freiheit in Erziehungs- als Machtfragen vorkommt. Lesen extern fortsetzen →

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Forum Kritische Psychologie 45

Evolutionäre Psychologie, Gentechnologie und Geschlechterverhältnisse
Soziale Therapie und Normalität
Wygotski-Piaget-Kontroverse

Inhalt

Editorial

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Hilary Rose
Die Evolutionäre Psychologie, der Sozialdarwinismus und das Standardmodell der Sozialwissenschaften

Wolfgang Maiers
Der Etikettenschwindel der Evolutionären Psychologie

Vanessa Lux
Vorbemerkung zum Artikel von Verena Stolcke

Verena Stolcke
Das Geschlecht der Biotechnologie: Natur in der Kultur

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Ole Dreier
Psychotherapie und die Anbahnung kohärenter Lebenswege in divergierenden Praxiskontexten – ein neuer Ansatz der Therapieanalyse

Morten Nissen
Wildes Lernen. Nachlese als Vorbereitung

Joseph Kuhn
Betriebliche Gesundheitsförderung im modernen Kapitalismus

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Einwürfe

Klaus Weber
Wann ist (m)ein Kind normal? Oder: Wie Erziehungsratschläge Verwirrung stiften

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Werkstattpapier

Lorenz Huck & Johannes Wrege
Die Auseinandersetzung zwischen Jean Piaget und Lew S. Wygotski. Aktuelle Relevanz einer historischen Debatte

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Bibliographie Kritische Psychologie (11)

Autorinnen und Autoren

 

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Die Auseinandersetzung zwischen Jean Piaget und Lew S. Wygotski. Aktuelle Relevanz einer historischen Debatte

Artikel von Lorenz Huck und Johannes Wrege in Forum Kritische Psychologie 45 (2002).

Download: FKP_45_Lorenz_Huck_Johannes_Wrege

Zusammenfassung

In der historischen Debatte zur kindlichen Entwicklung zwischen J. Piaget und L.S. Wygotski werden Probleme aufgeworfen, die bis heute ungeklärt bzw. Gegenstand der Diskussion sind. Einander scheinbar ausschließende Auffassungen der beiden Autoren (z.B. zur Entwicklungsrichtung) werden in diesem Beitrag auf Unterschiede im Erkenntnisinteresse und der daraus folgenden Problemsicht zurückgeführt. Ausgehend von der Kategorialanalyse Klaus Holzkamps wird die Möglichkeit erörtert, die Ansätze Piagets und Wygotskis in einer übergeordneten Konzeption zu integrieren.

Summary: The controversy between Jean Piaget and Lev S. Vygotski. Today’s relevance of an historical debate

The historical debate on child development between Piaget and Vygotski poses problems still unsolved and under discussion to date. In this article, the seemingly contradictory positions between both parties (e.g. on the issue of the developmental direction) are traced to differences in their respective cognitive interests and the resulting views on the problems. Starting from Klaus Holzkamp’s category analysis, prospects of integrating Piaget’s and Vygotski’s approaches are discussed.

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Wann ist (m)ein Kind normal? Oder: Wie Erziehungsratschläge Verwirrung stiften

Artikel von Klaus Weber in Forum Kritische Psychologie 45 (2002).

Download: FKP_45_Klaus_Weber

Zusammenfassung

Am Beispiel sowohl der Ratgeberliteratur für Eltern als auch der Lehrbücher für Klinische Psychologie wird die Frage nach dem Sinn des Normalitätsbegriffes diskutiert. Dabei wird gleichzeitig gezeigt, daß die gängigen Normalitätsvorstellungen im Alltags- wie im Wissenschaftsdiskurs dazu beitragen, erziehenden Personen nahezulegen, Kinder seien Objekte ihres erzieherischen Tuns und Ziel desselben sei die Herstellung von kindlicher Normalität. Die Widersprüche dieser Anforderungen werden kontrastiert mit der Alternative, das Verhältnis von Kindern und Erwachsenen als gemeinsamen Lernprozeß zu begreifen, in dem beide von ihren „eigenartigen“ Handlungs-, Denk- und Fühlweisen lernen können.

Summary: When is a (my) child normal? Or: On confusions through educational advice

Using pop psychology for parents as well as textbooks of clinical psychology as examples, the meaning of the concept of normalcy is scrutinised. Common notions of „being normal“, both in everyday and in scientific discourse, urge educating people to regard children as objects of their educational activities serving the purpose to produce normality in the infants. This tacit norm is confronted with an alternative position that views the relationships between children an adults as a setting for joint learning processes in which both sides can mutually benefit from their „characteristic“ ways of acting, thinking, and feeling.

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Betriebliche Gesundheitsförderung im modernen Kapitalismus

Artikel von Joseph Kuhn in Forum Kritische Psychologie 45 (2002).

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Zusammenfassung

Die betriebliche Gesundheitsförderung ist vor etwa 20 Jahren im Zusammenhang der alternativen Gesundheitsbewegung als kritischer Ansatz entstanden: kritisch gegenüber dem etablierten Arbeitsschutz, kritisch gegenüber den Verhältnissen in den Betrieben, kritisch aber auch gegenüber dem eigenen Gesundheitsverhalten im Betrieb. Damals war die betriebliche Gesundheitsförderung ein exotisches Außenseiterthema. Heute ist die betriebliche Gesundheitsförderung weithin anerkannt, sie wird von großen Institutionen wie z.B. den Krankenkassen mitgetragen, aber ihre Erfolgsgeschichte hat eine dialektische Kehrseite: einen unübersehbaren Verlust an emanzipatorischem Potential.

Summary: Work place health promotion in modern capitalism

20 years ago health promotion developed as a part of a social movement: with a critical impetus to the professional occupational safety and health system, the conditions of work and health behaviour at work. At that time workplace health promotion was seen as an exotic issue. Today it is recognised in society and promoted by social insurance. But this history of success has a drawback too: a loss of emancipatory power.

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Wildes Lernen. Nachlese als Vorbereitung

Artikel von Morten Nissen in Forum Kritische Psychologie 45 (2002).

Download: FKP_45_Morten_Nissen

Zusammenfassung

Der Autor verfolgt den Anspruch, zwei Sozialprojekte in Kopenhagen, für deren Evaluation er zuständig ist, so auszuwerten, daß Kriterien für die theoretische und methodologische Arbeit in einem neu begonnenen Projekt „Wildes Lernen“ formuliert werden können. Im Zentrum steht die methodologische Herausforderung, sich in Forschungszusammenhängen, also in Wirklichkeiten zu bewegen, in denen alles in steter Veränderung und Wechselwirkung befindlich angenommen werden muß. Das gilt sowohl für die Subjekte und den Begriff von Subjektivität, als auch für Objektivitäten, Bedingungen, Strukturen, Gesellschaft. Nissen diskutiert diese Problematik unter Bezug auf die Konzepte Vergegenständlichung, Kultur, Alltag bei Berger/Luckman, A. Heller und Kritischer Psychologie.

Summary: Wild learning. Preparatory retrospection

In his paper, the author evaluates two social projects in Copenhagen guided by him in order to generate criteria for the theoretical and methodological work in a subsequent project entitled „Wild Learning“. The main thrust of his research is the methodological challenge of working within research parameters congruent with reality where everything is in constant flux and interaction. This applies to the subjects themselves as well as to the notions of subjectivity, objective realities, conditions, structures, and society. Nissen discusses these problems referring to the respective notions of objectification, culture and everyday life in the works of Berger and Luckman, A. Heller, and Critical Psychology.

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Psychotherapie und die Anbahnung kohärenter Lebenswege in divergierenden Praxiskontexten – ein neuer Ansatz der Therapieanalyse

Artikel von Ole Dreier in Forum Kritische Psychologie 45 (2002).

Download: FKP_45_Ole_Dreier

Zusammenfassung

Menschen leben ihr Leben, indem sie sich in vielfältige soziale Kontexte integrieren und diese zugleich ständig durchqueren. Im Anschluß an die theoretische Fassung dieser Dynamik der Alltagspraxis von Subjekten wird eine psychotherapeutische Behandlung daraufhin untersucht, welche Rolle die Sitzungen für die Klienten bei ihrer alltäglichen Kontextdurchquerung spielen. Dies ist der Ausgangspunkt allgemeiner Überlegungen über Psychotherapie und die persönlichen Lebenswege, die die Subjekte in ihrer sozialen Praxis zu konstituieren suchen. In diesem Zusammenhang wird nach dem Stellenwert von Narrativität gefragt, wobei allgemeine Aspekte narrativen Verstehens analysiert werden. Gegenüber den Einschränkungen und Verzerrungen, die entstehen, wenn man Narrativität für sich untersucht, wird herausgearbeitet, daß der Narrativität insofern eine performative Bedeutung für kontextübergreifende soziale Praxen der Individuen zukommt, als sie zur Umstrukturierung der Praxisfelder und zur Reorganisation eingreifenden Handelns beitragen kann.

Summary: Psychotherapy in clients‘ trajectories across varying practical contexts – a new approach to analysing therapy

In this paper, some central contentions on how to theorise about subjects in social practice are sketched, emphasizing that people live their lives participating in multiple social contexts and moving across them. A study of psychotherapy is then presented that illustrates the place of sessions in clients‘ practice across social contexts. This leads the author to elaborate some general points about his understanding of psychotherapy and of personal life trajectories in subjects‘ social practice. Finally, he relates his analysis to some general features of a narrative understanding. In particular, his analysis raises questions concerning the place of narrative in personal action and experience when one takes into account that persons configure their actions and experiences as they participate in diverse social contexts and move across them. The author warns against limitations and distortions if one focuses too closely on narrative and loses sight of its performative significance and place in people’s ongoing personal practice across social contexts.

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Das Geschlecht der Biotechnologie: Natur in der Kultur

Artikel von Verena Stolcke in Forum Kritische Psychologie 45 (2002).

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Zusammenfassung

Das Klonen eines Tieres ist ein dramatischer Fortschritt in der Verdinglichung und Kommerzialisierung des Lebens. In ihrem Artikel analysiert die Autorin die Biotechnologien des Klonens vor dem sozio-wissenschaftlichen Hintergrund, der diese ermöglichte. Um die umfassende Bedeutung der neuen Technologien insbesondere für Frauen zu erfassen, bedarf es der Verbindung gesellschaftlicher wie bio-genetischer Analysen. Da Klonen sexuelle Empfängnis überflüssig macht, sind die Ovozyten zum wesentlichen Schauplatz entsprechender Experimente geworden.

Summary: The sex of biotechnology: Nature in culture

The cloning of any animal is a dramatic advance in the reification and commercialisation of life. In her article, the author analyses the biotechnicalities of cloning against the background of the socio-scientific environment which made them possible. She argues for the need to combine a cultural with a bio-genetic analysis so as to fully appreciate the consequences, in particular for women, of the new biotechnologies. Because cloning eliminates sexual conception, ovocites have become the fundamental requisite for experimentation in this field.

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Vorbemerkung zum Artikel von Verena Stolcke

Artikel von Vanessa Lux in Forum Kritische Psychologie 45 (2002).

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Zusammenfassung

In ihrer Vorbemerkung zu Stolckes 1997 entstandenen Text Das Geschlecht der Biotechnologie: Natur in der Kultur geht Lux auf die seit der Weltpremiere des Klon-Schafs „Dolly“ erfolgten gentechnologischen Entwicklungen zum Klonen von Menschen(-zellen) ein, um so die unveränderte Brisanz der von Stolcke aufgeworfenen Fragen und Einschätzungen zu unterstreichen

Summary: Introductory note on Verena Stolcke’s article

In her preliminary remark on Stolcke’s 1997 paper The sex of biotechnology: Nature in culture, Lux outlines the subsequent technological progress in the genetic research on the cloning of (the cells of) human beings that has been made ever since the world premiere of the cloned sheep „Dolly“. These hitherto developments emphasise the persistent relevance of Stolcke’s questions and assessments.

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