Begegnung mit deutscher Geschichte in der Gegenwart. Protokoll einer Abschiebung

Artikel von Sabine von der Lühe in Forum Kritische Psychologie 41 (1999).

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Zusammenfassung

Das Protokoll einer Abschiebung wurde verfasst, nachdem nach einer fast acht-monatigen Psychotherapie die Klientin, eine Kurdin, mitten aus einer laufenden Behandlung heraus zusammen mit ihren drei Töchtern in die Türkei abgeschoben wurde. Die Machtlosigkeit, diesen Prozess aufzuhalten, wirft Fragen auf, denen die Autorin auf dem Wege der Selbsterfahrung nachzugehen versucht. Es ist ein Grenzgang zwischen ihrer Rolle als Helferin in einem System, in dem sie sich aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit auf der Täterseite wiederfindet, sich aber als Psychotherapeutin und aufgrund eigener Lebenserfahrungen mit der Seite der Opfer identifiziert.

Summary: Encounter with German history in the present. A record of a deportation.

The author records a deportation of a Kurd to Turkey despite the fact that this woman, mother of three daughters, was in the midst of her psychotherapy. She portrays her own powerlessness to stop this deportation and how it stirs up questions which she tries to answer in a process of self-inquiry. She describes the conflict generated in herself by the sympathy she feels for the deportees, stemming both from her work as a psychotherapist and her own early childhood experiences and by the realisation that she belongs less to the victims than, through her nationality, to the perpetrators.

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Lehren lernen in der Universität

Artikel von Anja Brunkhorst in Forum Kritische Psychologie 41 (1999).

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Zusammenfassung

Die Autorin diskutiert aus der Sicht einer Pädagogik-Studentin die Schwierigkeiten, „partizipatives Lernen“ (Jean Lave) unter Bewertungsbedingungen zu realisieren, die auch das universitäre Lehren und Lernen bestimmen. Die notwendige Voraussetzung partizipativen Lernens, das gemeinsame Interesse am Lerngegenstand, fehlt, wie sie aufweist, unter diesen Bedingungen. Die studentischen Referate beschränken sich auf die Wiedergabe der Inhalte, und selbst da, wo die Diskussion ihrer gesellschaftlichen/persönlichen Bedeutung möglich oder gar verlangt ist, wird dies offensichtlich spätestens dann als Bedrohung gesehen und abgewehrt, wenn damit die eigene Lern- oder Lebenshaltung, die unmittelbare Ausrichtung auf die Bewältigung der Anforderungen, problematisiert wird.

Summary: Learning to teach at University

The author discusses – from the perspective of a student in elementary school pedagogics – the obstacles to „parcipatory learning“ (Jean Lave) under the evaluative conditions of university. She points out how a joint interest in the object of learning as a precondition of a participatory learning process is fundamentally hampered by such evaluative pressure. Consequently, students papers are mainly restricted to the reproduction of a texts content. Any discussion of its societal/personal importance will be rejected when seen as to threaten the own defensive attitudes towards learning and life characterised by being limited to coming to terms with external demands.

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„Verdeckte Verhältnisse“. Überlegungen zur Seminarpraxis in der Universität

Artikel von Petra Wagner in Forum Kritische Psychologie 41 (1999).

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Zusammenfassung

Ausgehend von Unzufriedenheiten mit der universitären Seminarpraxis werden Mechanismen zwischen Studierenden und Dozentin problematisiert, die „verdeckte Verhältnisse“ konstituieren, ähnlich denen, die Klaus Holzkamp für die schulische Praxis aufweist. Notizen aus einem Seminar mit StudentInnen der Grundschulpädagogik, wo diese Verhältnisse angesprochen und damit ein Stückweit aufgedeckt werden, verdeutlichen, wie sich trotz anderer Absichten und teilweise wider besseren Wissens der Beteiligten eine Bewertungs- und Belehrungspraxis durchsetzt, die Vertiefungen und Fragestellungen verhindert und als Konsequenz bewältigungsorientiertes Lehren und Lernen nahe legt.

Summary: „Hidden (power)relations“. Some reflections on teaching in seminars at university

The authors starting point is her own dissatisfaction with the standard university teaching practice. She examines those mechanisms existent between lecturer and student which constitute „hidden (power)relations similar to those exposed by Holzkamp in schools. These hidden power relations are discussed on the basis of notes from a seminar with students in elementary school pedagogics, thus partially exposing how despite intentions to the contrary, the usual practice of teaching and learning re-establishes itself. The author illustrates how standard teaching practice hampers interest, reducing learning to a process of merely securing grades, undermining the very resistance its provokes.

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Widerständiges Lernen im Schriftspracherwerb. Darstellung und Reflexion einer problematischen Förderung vor dem Hintergrund des subjektwissenschaftlichen Lernkonzeptes

Artikel von Katrin Schöffel in Forum Kritische Psychologie 41 (1999).

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Zusammenfassung

Der folgende Text verschafft Einblick in eine spannende und zunächst erheblich behinderte Schriftsprachförderung. Er beschreibt die Zusammenarbeit zwischen drei Jungen, die zu Beginn der fünften Klasse so gut wie nicht lesen und schreiben konnten, und ihrer Lehrerin, für die die vorherrschende Problematik massiver Lernwiderstände Auslöser für eine neue Sichtweise von Lernen und Lehren wurde. Gemeinsam gestalteten die vier eine Förderarbeit, in der die kindlichen Widerstände gegen Schriftsprach(erwerb) allmählich aufgelöst und damit die wirklichen (strukturellen) Probleme tendenziell überwunden werden konnten.

Summary: Resistant learning in gaining access to reading and writing

The author gives an insight into remedial lessons for reading and writing, showing how it is an exciting though initially frustrating experience for both learners and teacher. She describes her work with three boys who, at the start of the fifth class, were nearly completely unable to read and write and how she came to understand the boys enormous resistance to learning from their own point of view, thus gaining a new productive insight into the process of teaching and learning. Using this new insight, she was able to work together with the boys to develop a new approach to remedial learning which gradually overcame their resistance and thus the structural obstacles to the learning process.

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Mathematik ist eine süße Frucht

Artikel von Thilo Busse in Forum Kritische Psychologie 41 (1999).

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Zusammenfassung

Der Text setzt sich mit den Möglichkeiten mathematischen Lernens auseinander, wenn dieses in den Kontext einer Praxis des Mathematik Betreibens gestellt wird. Indem im schulischen Mathematikunterricht so eine zentrale These die Mathematik vornehmlich als eine Sammlung von Regeln dargestellt und damit lediglich reproduziert wird, stellt sie sich für viele Schüler als undurchschaubare Formsache dar, der man sich mehr oder weniger verweigert oder der man sich blind anzupassen versucht. An exemplarischen Beispielen aus einer Arbeit an der UCI Farm Elementary School in Irvine, Kalifornien, zeigt der Autor, wie Kinder im Grundschulalter einen eigenen Zugang zur Mathematik entwickeln können. Der Beitrag wirft damit die Frage nach der Besonderheit von Handlungsproblematiken beim Mathematik Betreiben im schulischen Rahmen auf.

Summary: Mathematics is a sweet fruit

The author considers how mathematics can be learned within the practical context of doing mathematics at school. It is argued that lessons at school present maths primarily as a set of rules and thus for many students mathematics appears to be an opaque formal system which they can only reject or blindly accept. Drawing on concrete examples from his work at the UCI Elementary Farmschool at Irvine, California, the author shows how elementary students can find their own way to access mathematics. The paper raises specific questions relating to the practical problems of students doing mathematics in a school setting.

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Funktionen biographischer Deutungen von Konfliktsituationen in der psychosozialen Praxis

Artikel von Gerlinde Aumann in Forum Kritische Psychologie 41 (1999).

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Zusammenfassung

Ausgehend von durch PraktikerInnen oder PraktikantInnen geschilderten Problemsituationen, bei denen biographische Deutungen eine Rolle spielten, werden Fallstricke dieser Herangehensweise und strukturelle Aspekte der jeweiligen Praxiszusammenhänge aufgezeigt, die sowohl den MitarbeiterInnen als auch den KlientInnen entsprechende Deutungen nahe legen. Vor diesem Hintergrund werden unter Bezug auf Holzkamp analytische Überlegungen zu Frage des Verhältnisses der Rezeption aktueller und vergangener Erfahrungen entwickelt und das Verhältnis zwischen beiden reflektiert. Da im Rekurs auf die Kindheit häufig auf die Psychoanalyse Bezug genommen wird, werden anschließend Arbeitshypothesen zur Frage des Verhältnisses aktueller und vergangener (Gewalt)erfahrungen in Auseinandersetzung mit dem Freudschen Konzept der Abwehr- und Aktualneurosen zur Diskussion gestellt.

Summary: The function of biographic interpretations of conflict situations in psychosocial practice

Using reports of social practitioners on their own work, the author points to the widespread tendency to discuss problems in the light of early childhood experiences. She exposes the various traps of such a recourse and hints at structural aspects of social practice which make such explanations appear a matter of course. In a next step, she reviews how Holzkamp perceived the relation between the perception of present and past experiences. Since the recourse to early childhood as a source of actual problems is often substantiated with reference to psychoanalysis, the author additionally scrutinises the relation between past and present experiences as it is depicted in Freud’s concepts of defence neuropsychoses and „actual“ neuropsychoses.

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„Selbsterfahrung“ in der Therapieausbildung: Fluchtpunkt Unmittelbarkeit?

Artikel von Jochen Kalpein in Forum Kritische Psychologie 41 (1999).

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Zusammenfassung

Es werden die unterschiedlichen Begründungen für therapeutische Konzeptionen ausbildungsbezogener Selbsterfahrung in der Freudschen Psychoanalyse und der aktuellen Verhaltenstherapie dargestellt. Nach einer Skizze psychoanalytischer Problematisierungen der institutionalisierten Lehranalyse wird der Bedeutungswandel von Selbsterfahrung in der Verhaltenstherapie nachgezeichnet. Vormals verschwindendes Moment, wurde über die Herausarbeitung „zentraler Wirkprinzipien“ versucht, dem Selbtserfahrungsbegriff in der Verhaltenstherapie ein wissenschaftliches Fundament zu geben. Methodologisch kann dieses als vorgeordnetes Kriterium für die dargestellte Konzipierung und Evaluation des Bausteins Selbsterfahrung in der Verhaltenstherapieausbildung verstanden werden. Abschließend wird am Beispiel einer Ausbildungsinstitution die Funktion verordneter Selbsterfahrung diskutiert.

Summary: „Self-experience“ in therapy training: Immediacy as its own vanishing point?

The author discusses different concepts relating to self-experience as a constituent part of therapeutic training. Following a brief outline of the psychoanalytical discussion of the problems inherent in the institutionalisation of psychoanalytical self-analysis, the paper concentrates on the change of meaning of self-experience within behavioural therapy. While self-experience used to be an implicit element only, the tendency to establish „key effective factors“ has led to re-conceptualising self-experience as a basic element in behavioural therapy. Looked at methodologically, self-experience has thus become an initial step in conceptualising and evaluating behavioural therapy itself. In the final part of the paper, the author illustrates the role of self-experience in the concrete setting of a training institution.

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Selbsterfahrung, Selbstreflexion und Selbstbeobachtung als Aspekte des subjektiven Weltzugangs in der Kritischen Psychologie

Artikel von Morus Markard in Forum Kritische Psychologie 41 (1999).

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Zusammenfassung

Selbsterfahrung, Selbstreflexion und Selbstbeobachtung sind in subjektwissenschaftlichem Forschungskontext als Momente subjektiver und intersubjektiver Selbstverständigung systematisch nicht zu trennen. Die historisch-faktische Koppelung der Entwicklung des Interesses an praktischem Weltbezug (statt am Aufbau des Bewusstseins) mit der methodischen Annullierung von Erfahrung ist nicht zwingend. Die Bedeutung, die in quantitativer Datenergebung Selbsterfahrung hat, steht im Widerspruch zu deren Missachtung. Unter Bezug auf kritisch-psychologische Bestimmungsmomente von Erfahrung wird dazu argumentiert, dass Erfahrung/Selbsterfahrung weder deren nomothetischen Verächtern noch ihren therapeutischen Mystifikatoren überlassen werden darf, sondern kategorial, theoretisch und methodisch rehabilitiert werden muss.

Summary: The critical-psychological understanding of self-experience, self-reflection and self-observation as constituent parts of subjective access to the world

Within the context of subject-science research, self-experience, self-reflection and self-observation are systematically linked as elements of subjective and intersubjective communication and understanding. The author argues that the historical development whereby self-experience was contrasted with research into the practical consequences of behavior is not inevitable and points out that despite self-experience being systematically ignored in theory, in quantitative research it is nevertheless used by precisely those who deny its relevance. Drawing on Critical Psychologys definition of experience, it is argued that experience and/or self-experience must neither be left to those nomothetical critics nor to its therapeutic mystifiers, but need to be re-evaluated in relation to terms, theory and method.

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Forum Kritische Psychologie 41

Selbsterfahrung
Praxiserfahrung
Abschiebepraxis

Inhalt

Editorial

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Morus Markard
Selbsterfahrung, Selbstreflexion und Selbstbeobachtung als Aspekte des subjektiven Weltzugangs in der Kritischen Psychologie

Wiebke Würflinger
„Heute kommt es nicht darauf an, was man tut, sondern wie man sich dabei fühlt“ Selbsterfahrungskonflikte in der Ausbildung zur Telefonberatung

Elke van Ahrens
Sentio ergo sum? Funktionen von Selbsterfahrungskonzepten am Beispiel einer selbst-erfahrenen Körpertherapieausbildung

Jochen Kalpein
„Selbsterfahrung“ in der Therapieausbildung: Fluchtpunkt Unmittelbarkeit?

Gerlinde Aumann
Funktionen biographischer Deutungen von Konfliktsituationen in der psychosozialen Praxis

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Thilo Busse
Mathematik ist eine süße Frucht

Kathrin Schöffel
Widerständiges Lernen im Schriftspracherwerb. Darstellung und Reflexion einer problematischen Förderung vor dem Hintergrund des subjektwissenschaftlichen Lernkonzeptes

Petra Wagner
„Verdeckte Verhältnisse“. Überlegungen zur Seminarpraxis in der Universität

Anja Brunkhorst
Lehren lernen in der Universität

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Sabine von Lühe
Begegnung mit deutscher Geschichte in der Gegenwart. Protokoll einer Abschiebung

Astrid Albrecht-Heide
Unterhalb der Wahrnehmungsebene. Oder: Der Verlust des Mitgefühls

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Autorinnen und Autoren

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Forum Kritische Psychologie 40

Gefühle/Emotionen
Gramsci: Perspektiven für Psychologie und soziale Arbeit

Inhalt

Editorial

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Ute Osterkamp
Zum Problem der Gesellschaftlichkeit und Rationalität der Gefühle / Emotionen

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Morus Markard
Gramsci und psychologische Praxis oder: Psychologische Praxis als Austragungsort ideologischer Konflikte

Johann W. Brandner
Sozialarbeit und Philosophie der Praxis

Uwe Hirschfeld
Soziale Arbeit in hegemonietheoretischer Sicht. Gramscis Beitrag zur politischen Bildung Sozialer Arbeit

Cornelia Möhring & Victor Rego Diaz
Die Relevanz Gramscis für die gewerkschaftliche Bildungsarbeit

Isolde Ludwig
Vom Alltagsverstand zum neuen Kollektivwillen. Eine gramscianische Perspektive auf gewerkschaftliche Bildungsarbeit

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Klaus Holzkamp
Gutachten zur Habilitationsschrift von Jens Brockmeier „Literales Bewußtsein. Schriftlichkeit und das Verhältnis von Sprache und Kultur“

Jens Brockmeier
„Expansives Lernen“ als Lebensmetapher. In memoriam Klaus Holzkamp

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Autorinnen und Autoren

 

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